photoinfos.com

Astrotracer von Pentax

Scheinbare Sternbewegung durch beweglichen Kamerasensor ausgleichen



2015 / 2020 © Thomas Gade

Punktförmige Sterne bei langen Belichtungszeiten

Kann man punktförmige Sternabbildungen mit langen Belichtungszeiten ohne astronomische Nachführeinrichtung realisieren? Da die Erde sich dreht, gehen die nächtlichen Sterne, der Mond und die Sonne im Osten auf und wandern nach Westen, wo sie wieder untergehen. Das verläuft auf gekrümmten Bahnen, die im Süden ihren höchsten Punkt erreichen. (Deshalb steht die Sonne mittags in Südrichtung am höchsten.) Durch diese scheinbare Sternbewegung werden die Sterne schon nach in wenigen Sekunden Belichtungszeit als gekrümmte Linien abgebildet. Um dies zu vermeiden, verwenden Astronomen motorisierte parallaktische Montierungen, mit denen Teleskope dem Lauf der Sterne folgen.

Genialer Startracker in der Kamera

Im Jahr 2011 brachte Pentax ein Zubehörteil für den Blitzschuh heraus. Der Pentax O-GPS1 verleiht der angedockten Kamera GPS-Fähigkeiten. In Verbindung damit wird die Beweglichkeit des Sensors, eigentlich zur Bildstabilisierung gedacht, genutzt, um die Sternbewegung infolge der Erdrotation bei Langzeitbelichtungen auszugleichen. Einige Kameras von Pentax enthalten bereits ein GPS-Modul, wie die Pentax K3-II und die Vollformat Kameras K1 und K1-II. Daher ist die Astrofotografie mit ihnen besonders einfach.

Für diese Funktion muss die GPS-Funktion eingeschaltet sein über das Menü der Astrotracer aktiviert werden. Am Programmrad wird B eingestellt. Zudem ist eine Kalibrierung für ein 'Sinnesorgan' für den Erdmagnetismus erforderlich. Dazu muss die Kamera mehrfach in drei Achsen gedreht und geschwenkt werden. Ist der Vorgang erfolgreich, weiß die Kamera, wo sie steht und mit welchem Neigewinkel sie in eine Himmelsrichtung blickt.

Der Autofokus ist bei dieser Technik deaktiviert, weil sich die Himmelsobjekte allesamt in der Entfernung unendlich befinden und das automatische Scharfstellen auf die Sterne meistens nicht funktioniert. Das erfolgt am besten manuell mithilfe der digitalen Lupe. Für Sternaufnahmen sind manche Festbrennweiten aus der Zeit vor dem Autofokus sehr gut geeignet. Sie haben feinfühlige mechanische Scharfstellringe. Gerne verwende ich dafür gute Vergrößerungsobjektive an einer Makroschnecke, weil sie nahezu verzeichnungsfrei und scharf die Sterne abbilden. Auf der Website von Ricoh Imaging ist aber auch eine gelungene Milchstraßenfotografie zu sehen, die mit dem einfachen 18-55 mm Kitobjektiv aufgenommen wurde. Einstellungen: ISO 3200, 18 mm, Blende 4,5 und 90 Sekunden Belichtungszeit.

Astrotracer-moving-sensor
Der bewegliche Sensor in der Kamera gleicht die scheinbare Sternbewegung aus.

Astrotracer

Die Pentax K-3 II hat anstelle eines Blitzes ein integriertes GPS Modul mit magentischem Kompass. Für die Pentax K-3 und andere DSLR der Marke muss man die GPS Einheit O-GPS1 auf den Blitzschuh stecken, um sie mit derselben Technik auszustatten. Neben den sonst üblichen GPS-Funktionen hat Pentax seinem GPS-Modul die Funktion Astrotracer beigefügt.

O-GPS1 Modul auf der Pentax K-5
O-GPS1 Modul auf der Pentax K-5

Pentax nutzt den beweglichen Sensor seiner DSLR in Verbindung mit einer GPS-Einheit für Sternaufnahmen. Durch GPS Daten kennt die Kamera ihre geografische Position. Ihr Sensor für den Erdmagnetismus erkennt die horizontale und vertikale Ausrichtung. Die Kamera muss zudem die Brennweite des Objektivs kennen.

Mit den Daten kann sie die scheinbare Sternbewegung durch die Bewegung des Sensors, der um einige Millimeter in alle Richtungen verschoben werden kann, ausgleichen. Der bewegliche Sensor wurde bislang 'nur' zum Kompensieren von Verwacklungen, zum Abschütteln von Staub und zum Ausrichten des Horizonts bei schief gehaltener DSLR verwendet. Mit dem Astrotracer nutzt man seine Beweglichkeit für die Astrofotografie.

Klappt es?


Pentax K-3 II mit 50mm Objektiv. 30 Sekunden Belichtung ohne Astrotracer


Pentax K-3 II mit 50mm Objektiv. 30 Sekunden Belichtung mit Astrotracer

Kalibrierung

Der Astrotracer funktioniert nicht einfach auf Knopfdruck. Zunächst muss die GPS-Einheit kalibriert werden. Dazu ist die Kamera mehrmals in mehrere Richtung zu drehen und zu schwenken. Der Vorgang entspricht einer Gymnastikübung mit spirituellem Charakter. Denn nicht immer meldet der Kalibrierungsvorgang einen erfolgreichen Abschluss, sodass man während des Drehens und Schüttelns ununterbrochen denkt: "Gelinge!" Ob dieses Mantra zum Erfolg beiträgt, sei dahingestellt. Es klappt nicht immer. Dann ist der Vorgang zu wiederholen. Ein erfolgreicher Abschluss ist wichtig, damit die Magnet-und Bewegungssensoren der GPS-Einheit feststellen können, wohin eine Kamera gerichtet wird.

Alles was den Erdmagnetismus am Aufnahmeort stört, beeinträchtigt die Zuverlässigkeit des Astrotracers. Wir haben erste Tests auf einem metallenen Steg über einer Wasseroberfläche durchgeführt. Hier war die Ausschussquote hoch. In einem Garten verliefen erste Versuche erfolglos, bis uns der Grundstückseigentümer mitteilte, dass das Stativ ausgerechnet an einer Stelle aufgebaut war, an der unterirdische Stromkabellschleifen einer großen Solaranalage verlegt waren. 30 Meter entfernt lief alles prima.

Bei guter Kalibrierung kann man mit dem Astrotracer sehr gute Sternaufnahmen machen. Die Technik läßt den beweglichen Sensor durch den Bildkreis des Objektivs wandern. Daher blendet man etwas ab und nutzt vorzugsweise Objektive, die für das Vollformat gerechnet wurden. Wer Interesse daran hat, sollte sich mit grundsätzlichen Techniken der Astrofotografie auseinandersetzen. Tipps bekommt man unter astronomie.de und in anderen einschlägigen Foren.

Bei unseren Tests stellten wir fest, dass man den Vorgang des Kalibrierens nach mehreren Aufnahmen wiederholen musste. Dies sollte bei der Aufstellung der Kamera berücksichtigt werden. Es ist lästig, wenn man sie dazu jedes Mal vom Stativ abschrauben muss, um sie kurz darauf wieder anschrauben zu müssen. Deshalb sind Stativadapter praktisch oder Objektive mit eigenen Schellen mit Stativgewinde, denn vom Objektiv kann man die Kamera rasch abnehmen und wieder ansetzen.

Belichtungszeiten

Die maximalen Belichtungszeiten sind abhängig von der Kamera, Brennweite und Deklination. Mit starken Weitwinkeln kann man bis zu fünf Minuten belichten und mit 300 mm Brennweite maximal eine Minute. Allerdings setzen die Sichtbedingungen oftmals engere Grenzen. In Stadtnähe sind 60 Sekunden bei Blende 5,6 und ISO 400 oft das Maximum, bevor der Himmel zu hell wird.

Deklination Brennweite
  200mm 100mm unter 50mm
       
  PENTAX KP
       
90 Grad 300 sec. 300 sec. 300 sec.
45 Grad 110 sec. 190 sec. 300 sec.
0 Grad 70 sec. 150 sec. 300 sec.
       
  PENTAX K-5/K-5 II/K-5 IIs
       
90 Grad 300 sec. 300 sec. 300 sec.
45 Grad 160 sec. 290 sec. 300 sec.
0 Grad 110 sec. 240 sec. 300 sec.
       
  PENTAX K-70
       
90 Grad 300 sec. 300 sec. 300 sec.
45 Grad 110 sec. 190 sec. 300 sec.
0 Grad 90 sec. 150 sec. 300 sec.
       
  PENTAX K-3
       
90 Grad 300 sec. 300 sec. 300 sec.
45 Grad 180 sec. 300 sec. 300 sec.
0 Grad 130 sec. 260 sec. 300 sec.

Quelle: GPS Unit O-GPS-1

Welche Objektive sind geeignet?

Wer glaubt, mit einem 1,4 / 50mm Objektiv bei voller Öffnung gute Sternbilder machen zu können, wird eine Überraschung erleben. In der Mitte mögen die Sterne noch rund sein, doch selbst beim APS-C Sensor geraten die Sterne in den Ecken zu kometenartigen Gebilden mit Schweifen. Das liegt nicht am Astrotracer, sondern an der ungenügenden Korrektur der Objektive. Erst durch Abblenden um mehrere Stufen kommt man dem Ziel näher. Beim punktförmigen Stern auf (theoretisch) schwarzem Untergrund treten alle Optik-Fehler sehr deutlich zutage. Sogar bei Festbrennweiten muss man auf 5,6 oder sogar auf 8 abblenden!

Beim Astrotracer ist der Autofokus deaktiviert. Objektive mit konventionellem Scharfstellring sind vorteilhaft. Wir haben deswegen verschiedene Standardobjektive von Pentax aus der Zeit vor dem Autofokus in den Test einbezogen. Beispiele:

Bezeichnung Produktion Runde Sterne ab Blende Bewertung
SMC Pentax A 1,7 / 50mm 1984-1989 5,6-8 Geht so
SMC Pentax A 2 / 50mm 1985-1998 11 Unbrauchbar!
SMC Pentax K 1,8 / 55mm 1975-1977 4 Gut

Nicht nur die Abbildungsqualität entscheidet über die Brauchbarkeit der Objektive, sondern auch die Einhaltung der angegebenen Brennweite. Woher kennt die Kamera, bzw. das GPS-Modul die Brennweite des Objektivs? Entweder stellt man sie ein oder die Kamera erkennt sie an den Exif-Daten. Leider sind diese Angaben nicht präzise und wir haben praktisch keine Möglichkeit, sie zu messen. Weicht der vom GPS-Modul verwendete Wert der Brennweite von der tatsächlichen deutlich ab, kommt es zu Fehlern beim Kompensieren der Sternbewegung.

Deshalb muss man mit den verfügbaren Objektiven ausprobieren, ob sie überhaupt mit dem Astrotracer harmonieren und ab welcher Blende sie befriedigend einzusetzen sind. Bei unserem Test hat das alte Pentax 1,8/55mm Objektiv aus den 1970ern am besten abgeschnitten. Leider standen uns keine modernen Limited Festbrennweiten zur Verfügung, die besonders hohe Ansprüche erfüllen sollen.

Tipp: Gut geeignet sind Makroobjektive. Für mehr Brennweite gibt es kurz gebaute ED-Refraktoren (Linsenteleskope) mit Objektiven, die speziell für diesen Zweck gerechnet wurden. Solche Instrumente decken die Verwendungsbereiche Spektiv, Teleskop und Teleobjektiv ab. Ein sehr schönes Beispiel ist der Lacerta 72/432 APO ED.


Pentax K-3 mit O-GPS1 Einheit und 55mm Objektiv.
Das betagte SMC Pentax K 1:1.8/55 aus den 1970ern erwies sich als besonders leistungsstark.

Astrotracer mit Sigma AF Apo 4/300

Andromedanebel Sternhaufen Herkules
Beide Bilder sind Bildausschnitte. Links: Andromedanebel. Rechts: M13 - Sternhaufen im Sternzeichen Herkules

Astrotracer mit Skywatcher ED80/600 Refraktor

Wir erwarteten nicht, dass der Astrotracer mit einem 600mm Objektiv funktioniert. Dennoch probierten wir es mit einem Teleskop aus, dem Skywatcher ED 80 Pro. Erstaunlicherweise konnte man rund 30 Sekunden belichten und die Ergebnisse waren trotz mäßiger Sicht gut.
Ringnebel
Pentax K-3 mit O-GPS1 an einem Sky-Watcher ED 80 Pro, 30 Sekunden, Astrotracer
Links: Ganzes Bild. Es zeigt den südlichen Teil des Sternzeichens Leier. Rechts: Ausschnitt mit Ringnebel

Manuell scharfstellen

Alte Objektive aus der Zeit vor dem Autofokus sind recht zuverlässig am Unendlich-Anschlag auf Unendlich eingestellt. Das kann man von vielen modernen Objektiven nicht erwarten. Aber wirklich präzise stellt man nur mit der digitalen Lupe im LiveView scharf. Dazu muss man das Bild auf dem Display sicher beurteilen können. Eine billige Lesebrille aus der Drogerie wirkt Wunder!

Wie richtet man die Kamera auf bestimmte Himmelspartien?

Das Sucherbild der Kameras ist nicht geeignet, um sie präzise auf nächtliche Himmelspartien zu richten. Besonders bei längeren Brennweiten muss man 'Kimme und Korn'-mäßig über das Objektiv die gewünschte Region anpeilen. Einige Himmelsobjekte sind so lichtschwach, dass man sie mit bloßem Auge gar nicht sieht. Daher ist dies unbefriedigend. An Teleskopen verwendet man dafür Sucherfernrohre mit niedrigen Vergrößerungen. Von Lacerta gibt es den Panoramakopf Lacerta CVN-II mit einem Schuh zum Anstecken eines Sucherfernrohrs. Genau das, was man braucht!

Astrotracer
Lacerta CVN-II als Träger einer Pentax DSLR im Astrotracer Modus.
Das seitliche Sucherfernrohr erleichtert das präzise Richten der Kamera auf Himmelsobjekte.

Akkulaufzeit

Unsere Vermutung, dass der Akku im Astrotracermodus schnell schlappmacht, bestätigte sich nicht. Bei unseren jeweils rund zweistündigen Astrotracer-Anwendungen mussten wir die Ersatzakkus nicht einsetzen.

Grelle Displaybeleuchtung

Haben sich die Augen an die nächtliche Dunkelheit angepasst, ist die grüne Beleuchtung des oberen Displays der Pentax K-3 zu grell. Damit die Dunkeladaption darunter nicht leidet, sollte man eine halbdurchlässige rötliche Folie auf das Display kleben.

Mehr Infos im Web

http://www.digitalcamerareview.com...astrotracer

http://www.pentaxforums.com...astrotracer

Fazit

Der Astrotracer ist genial. Damit die Bewegung des Sensors korrekt erfolgt, muss zuerst eine Kalibrierung erfolgen. Wenn das nicht gleich gelingt, ist sie zu wiederholen. Geht er dann immer noch nicht, gibt es eine Störquelle für das Magnetfeld. Beispielsweise viel Eisen. Man muss sie nicht sehen können. Ich erlebte mal auf einem großen Grundstück, dass der Astrotracer versagte. Dann meinte der Grundstückbesitzer, dass im Boden Kabel von mehreren Solarkollektoren zusammenkamen. Nach einem Standortwechsel um 20 Meter war alles in Ordnung.

Im Test klappte es sogar mit einem 80/600 Refraktor. Ohne externe Nachführtechnik auskommen zu können, ist ein großer Vorteil! Dass dies sogar mit längeren Brennweiten geht, hat mich sehr überrascht.

Obwohl die Milchstraßenfotografie seit einigen Jahren äußerst populär ist, scheint der Astrotracer relativ unbekannt zu sein. Woran liegt das? Pentax DSLR sind relativ selten und vermutlich glauben viele Fotografen gar nicht, dass so eine Technik in einer Kamera vorhanden sein kann. Darüber hinaus wird Astrofotografie nur von verhältnismäßig wenigen betrieben.


© Thomas Gade   Unsere Texte und Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung ist nur mit schriftlicher Erlaubnis des Verfassers gestattet und stets honorarpflichtig. / © Our articles and images are copyrighted.