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Unitron 50 / 700 mm Refraktor Azimutale Montierung

Polarex - Unitron Refraktor 50 / 700

Thomas Gade - Juni 2012



Aus heutiger Sicht ist ein Refraktor mit 50 mm Objektivdurchmesser wegen seiner geringen Öffnung exotisch, doch der Hersteller Nihon Seiko Kenkyusho aus Tokyoin Japan hat dieses Teleskop nicht einfach zum billigen Kaufhausramsch zusammengeschustert, sondern ein solides Gerät gebaut, das unter den Marken Polarex oder Unitron auf den Markt kam.



Im Unitron Katalog aus dem Jahre 1956 ist dieses Teleskop nicht aufgeführt. Darin werden u.a. ein 40mm (!!) und 60mm Refraktor angeboten. In einem Forum berichtet ein amerikanischer Amateurastronom über den Kauf eines Unitron 50/700 Refraktors im Jahre 1968.

Technische Daten

Öffnung 50 mm
Brennweite 700 mm
Öffnungsverhältnis 1 : 14
Objektivtyp Fraunhofer Achromat
Grenzgröße 10,6 Magnitude
Auflösungsvermögen 2,7"



Das kleine 0,96" Zenitprisma wirkt neben den gegenwärtig üblichen 1 1/4" und 2" Zenitspiegeln klein, irgendwie passend zum schmächtigen Tubus des 50mm Refraktors. Doch entsprach es über mehrere Jahrzehnte dem Stand der Technik und wurde auch an bedeutend größeren Fraunhofer Teleskopen mit Öffnungsverhältnissen zwischen 1:14 bis 1:20 verwendet, bei denen in Okularnähe nur ein schmales Lichtbündel relevant war. Dem Beobachten von Planeten, Doppelsternen, dem Mond und der Sonne wurde damit keine Grenzen gesetzt.


Von links nach rechts: 2" Zenitspiegel - 1 1/4" Zenitspiegel - 0,96" Zenitprisma

Objektiv

Der Achromat mit 50mm Durchmesser und 700mm Brennweite besteht aus zwei Linsen mit Luftspalt. Ist es vergütet? Schwer zu sagen. Einiges spricht dafür. Je nach Blickwinkel wird ein bläulicher Schimmer sichtbar oder auch nicht. Die Kanten des Objektivs sind ungeschwärzt. In die Streulichtblende ist innen vor dem Objektiv ein geriffelter schwarzer Kunststoffmantel eingesetzt worden, der etwas speckig glänzt. Innen ist der Tubus vorbildlich mattschwarz gestrichen.



Sucherfernrohr

Der Sucher hat eine Öffnung von 19mm und vergrößert 4x. Zum Anvisieren der hellen Planeten oder für Naturbeobachtungen reicht er allemale aus. Das kleine Hilfsteleskop wurde mit viel Liebe zum Detail hergestellt. Im Okular ist ein Fadenkreuz. Die Fokussierung erfolgt über das millimeterweise Herausziehen des Okulars bis zum Erreichen der optimalen Schärfe. Drei Klemmen halten es sicher in der Postition.






Sucherfernrohr

Zweistufiger Fokussierer

Das Teleskop hat einen Crayford Okularauszug mit einem Verstellweg von 26mm. Zusätzlich gibt es ein ausziehbares Rohr mit einem Verstellweg von 114mm. Damit kann das Teleskop entweder ohne oder mit Zenitprisma oder mit Umkehrpismen verwendet werden. Die Konstruktion ist gelungen. Der zweistufige Auszug verkantet mit der zugedachten okularseitigen Belastung nicht.







Azimutale Montierung

Die azimutale Montierung ist aufgrund ihrer einfachen und zuverlässigen Konstruktion legendär. Die pfiffige Montierung funktioniert mit Klemmblöcken und einer Zug- und Druckmechanik aus Verstellschrauben und Federn. Die Drehknöpfe sind bei den Teleskopen bis 75mm Öffnung gut zu erreichen.





Stativ

Das Stativ besteht aus drei in der Länge einklappbaren Beinen aus Holz. An den Enden befinden sich spitze harte Metallkegel, die ein Abstellen des Teleskop im Wohnzimmer unmöglich machen. Der Boden würde darunter leiden. Wer nach einem verbesserungswürdigen Detail an dieser Ausrüstung sucht, hat es gefunden. Es ist ratsam, die Spitzen zu entfernen.

In der Mitte der Beine gibt es jeweils ein Metallstück, das ein Durchklappen verhindert. Drei kleine nach oben ragende Nasen können zum Einhaken von einer Ketten- oder Taukonstruktion zur Verhinderung einer ungewollten Spreizung der Beine verwendet werden.







Größenvergleich


Der Polarex / Unitron 50/700mm Refraktor vor einem 5" Maksutov, der heute zu den kleineren Teleskopen gehört.

Optische Qualität

Zum Beobachten der Sonne und des Mondes ist das Teleskop hervorragend geeignet. Die 50mm Optik läßt Vergrößerungen bis über 100x zu. Damit rücken Sonnenflecken und der Mond in greifbare Nähe. Der Achromat dieses vorzüglich gebauten Teleskops hat keine apochromatische Korrektur, doch halten sich farbige Kanten im Rahmen des sinnvollen Vergrößerungsspektrums in engen Grenzen. Ein nicht auf diesen Effekt achtender Beobachter wird ihn wahrscheinlich gar nicht bemerken.

Eine Beobachtung des Halbmondes mit einem Carl Zeiss Jena Okular 4-0 (4 mm, orthochromatisch) mit 175 facher Vergrößerung (700 : 4 = 175) erwies sich nicht als unbrauchbar, sondern an dem hellen Objekt als verblüffend gut. Die sinnvolle maximale Vergrößerung wird mit dem Okular ohne Zweifel überschritten, doch bedeutete dies nicht einen völligen Bildeinbruch. Es war bei mäßiger Helligkeit scharf. Von Farbsäumen an den Kraterkanten oder am Rand des Mondes war kaum etwas zu sehen.

Fazit

Klein aber fein. Mit so einem Teleskop verzieht sich der 10 jährige Junior in den Garten und kann stundenlang den Mond, die Sonne, Jupiter und Saturn beobachten. Die dabei erlebte Faszination und Eindrücke wird er als Erwachsener in späteren Jahren an größeren Telekopen kaum erneut erleben. Nostalgische Berichte vieler gestandener Hobbyastronomen in mittleren und späteren Lebensjahren belegen dies. Dieses Teleskop wird fern den Blicken der Eltern auf die Sonne gerichtet und als Brennglas mißbraucht. Mit Hilfe einer Webcam oder irgendwie daran gebasteltem Smartphone werden Aufnahmen und die Bandbreite der Teleskopverwendung entdeckt. Der aufsteckbare Sonnenfilter, vor dessen Gebrauch aus gutem Grund immer wieder gewarnt wird (er kann platzen), wird von Jungs an so einem Teleskop trotz aller Warnungen eingesetzt. Bereits am modernen, automatisch nachgeführten 80mm Apo und größer wäre dies fatal. Jahrelang wird das Gerät ausreichend sein.

Doch beschränkt sich der Wert nicht nur auf die Jugendjahre. Das kompakte, komplett nur viereinhalb Kilogramm wiegende Instrument läßt sich einhändig auf den Balkon stellen, um einen schnellen Blick auf die Sonne, den Mond zu werfen oder die großen Planeten zu werfen. Es wird auch dann genutzt, wenn die großen, technisch hochwertigeren Teleskope gar nicht ausgepackt werden.

Das Faszinierende an diesem Teleskop ist die Mischung aus gediegener alter Technik, Nostalgie und hohem Gebrauchswert in einer Nische, die von modernen Instrumenten nicht besetzt ist. Wer dafür den rechten Sinn hat und dieses Kleinod auf dem Gebrauchtmarkt in einem guten Zustand mit einem oder zwei Okularen nebst Zenitprisma ergattern kann, sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Es wird nur schwer zu bekommen sein und die Preise können dementsprechend hoch sein. Für 100 € wäre es ein rares Schnäppchen, für 300 € wird es dem gut situierten Interessenten nicht zu teuer erscheinen. Klassische Instrumente dieser Art können sich als Kapitalanlage erweisen.

Tags: 50mm x 700mm Unitron refractor on alt-azimuth mount mount - Unitron eyepiece - rectangle diagonal prism - finder scope 4x19mm - classic telescope

Testbilder: Vergleichsaufnahmen mit diversen Teleobjektiven




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