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1. Stativkameras.

Wir haben zu unterscheiden zwischen Reisekameras und Atelierkameras. Beiden ist gemeinsam, daß Vorderteil (Objektiv) und Hinterteil der Kamera miteinander durch einen zusammenfaltbaren Balgen verbunden sind.
Reisekameras. Für Aufnahmen im Freien sowie überhaupt außerhalb unserer Behausung bedürfen wir Apparate, die einen bequemen Transport und ein Zusammenlegen auf ein möglichst kleines Volumen gestatten. Dazu dienen u.a. die Landschafts- oder Reisekameras, von denen in Bild 65 eine der gebräuchlichsten Formen abgebildet ist. Rechts sehen wir die Kamera zusammengelegt. Für die Aufnahme wird zunächst das hinterste Brett heruntergeklappt, so daß es im rechten Winkel zur Vorderwand zu stehen kommt; durch Verschieben des Grundbrettes wird es in dieser Lage festgehalten. Auf diesem unteren Brett, dem sog. Laufbrett, kann der Hinterteil der Kamera, die Mattscheibenwand, mittels einer Zahnstange und Trieb hin und her geschoben werden.
Das Objektivbrett, d.h. der mittlere vordere Teil, der das Objektiv trägt, muß hoch verschiebbar sein, damit die Verteilung des Bildes auf der Mattscheibe - mehr oder weniger Vordergrund oder Himmel - reguliert werden kann (vgl. Bild 167). Die seitliche Verschiebung des Objektivbrettes kommt in der Praxis seltener in Frage, sie kann aber nutzbringend werden, wenn man bei Verwendung großer Kameras zwei verschiedene kleine Aufnahmen nebeneinander auf einer Platte machen will.

Sehr wichtig ist die Neigbarkeit der optischen Achse der Kamera, damit man stets die Möglichkeit hat, die Platte parallel zum aufgenommenen Objekt zu stellen und Verzeichnung (stürzende Linien) zu vermeiden. Man hat da zwei Möglichkeiten; um z.B. ein hohes Objekt, das auch durch höchste Verschiebung des Objektbretts nicht ganz auf die Platte zu bekommen ist, aufnehmen zu können, muß man bei der einen Art von Kameras (Bild 66)den Apparat entsprechend neigen;
dann aber kann man den Kamerarumpf (Mattscheibenteil) so um eine horizontale Achse neigen, daß er wieder dem Objekt parallel, also in der Regel senkrecht, steht. Eine andere Gruppe von Kameras (Bild 67) kann zur Erreichung des gleichen Erfolges mit horizontalem Laufboden stehen bleiben, und man neigt nur den Objektivteil (Standarte) um eine horizontale Achse nach hinten. Dieses zweite System ist für Stativapparate, die oft ziemlich schwere Objektive tragen müssen, wenig zweckmäßig, da durch die Beweglichkeit des Vorderteils seine Stabilität leidet.

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Ein langer, sog. doppelter Bodenauszug der Kamera (Bild 66) ist erforderlich, um Aufnahmen mit den in der bildmäßigen Photographie vielfach verwendeten langen Brennweiten (Hinterlinse) möglich zu machen. Diese Einrichtung ist überdies unentbehrlich, wenn man die Kamera auch für Vergrößerungen und Reproduktionen verwenden will.
In Bezug auf die Gestalt des Balgens haben wir zu unterscheiden zwischen Kameras mit prismatischen (Bild 66), überall gleich weitem Lederbalgen (die auch für Stereoaufnahmen, vgl. S. 82, geeignet sind) und solchen mit konischem (richtiger: pyramidenstumpfförmigen), sich nach vorn verjüngendem Balgen (Bild 67 und 68), die sich meist enger zusammenlegen lassen.
Sehr wichtig ist der Unterschied zwischen Kameras mit quadratischen Mattscheibenteil und umsetzbarem Mattscheibenrahmen (Bild 66), die ein leichtes Wechseln zwischen Hoch- und Querformat ermöglichen, und Kameras mit rechteckigem Mattscheibenteil, bei denen der ganze Kamerarumpf (Hinterteil) umgesetzt wird (Bild 68). Die rechteckigen Kameras sind zwar etwas weniger stabil und meist nicht mit Neigbarkeit ausgestattet, aber meist leichter und billiger als die quadratischen.

Bei manchen Stativkameras steht der Hinterteil fest und nur der Vorderteil ist verschiebbar (wie bei Bild 81); diese Modelle sind insofern weniger leistungsfähig, als man bei Aufnahmen in der Nähe, z.B. Reproduktionen in halber oder gleicher Größe, nur mit Mühe genau einer bestimmte Bildgröße erzielen kann: schraubt man nämlich zwecks Scharfeinstellung den Objektivteil weiter oder näher, so nähert oder entfernt es sich von dem Original, wodurch das Bild wieder größer oder kleiner wird. Auch bei Autochromaufnahmen (siehe S. 104) sind solche Kameras unbequem.
Der Balgen der Kamera ist aus Leder oder gutem Kalikostoff gearbeitet. Eine Hauptbedingung ist, daß dieser wirklich lichtdicht sei, wovon man sich bei neugekauften oder altersschwachen Instrumenten überzeugt, indem man das Objektiv schließt, die Mattscheibe aufklappt und nunmehr in den Apparat hineinsieht, um nach Lichtritzen zu suchen, wobei man eine dichte schwarze Decke über sich und den Kamerahinterteil wirft.
Wichtig ist, daß an der Kamera eine Libelle angebracht ist, um bei Bedarf die genaue Horizontalstellung des Apparates zu kontrollieren (z.B. bei Architekturaufnahmen).(siehe Bild 69)
über Kassetten für Reiseapparate siehe S. 46.
Atelier- und Reproduktionskameras.

Die Kameras für Aufnahmen im Atelier und für "Heimaufnahmen" entsprechen in ihrer Einrichtung den vorher beschriebenen Apparaten, doch ist ihre Bauart im ganzen stabiler und den speziellen Bedürfnissen dieser Arbeiten angepaßt. Fig.70 zeigt uns eine Atelierkamera einfacherer Art. Die Hinterwand trägt eine Mattscheibe S, die zurückklappbar ist, an deren Stelle dann die Kassette einbeschoben werden kann. Bei manchen Apparaten ist der vordere Teil V der Kamera verstellbar, der die Mattscheibe tragende Teil dagegen feststehend. Bei größeren Apparaten (siehe Fig.107) werden meist beide Teile beweglich gemacht. - Um bei Bedarf einen recht langen Auszug zu ermöglichen, besitzen die Kameras meist ein ausziehbares Laufbrett..

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Die Kassetten für die Atelierkameras bestehen aus einfachen flachen Kästen, zumeist aus Mahagoniholz mit Metallbeschlägen, deren Einrichtung aus der schematischen Zeichnung in Fig.71 ersichtlich ist. Die empfindliche Platte kommt in dem Rahmen R auf die Metall- oder Holzecken zu liegen, dann wird der hintere Deckel D zugeklappt und durch einen Vorreiber i geschlossen. In dieser Weise drückt die Feder f gegen die Platte und hält sie fest in ihrer Lage. Der durch einen Schlitz ausziehbare Vorderdeckel H (Kassettenschieber) bleibt geschlossen und wird erst geöffnet, wenn die Kassette an der Kamera sitzt und alles zur Aufnahme bereit ist.
Die größeren Apparate besitzen Jalousiekassetten. Der Schieber dieser Kassetten ist jalousieartig gestaltet und wird, ohne hervorzutragen, nach Einsatz der Kassette in die Kamera über eine Rolle nach hinten herabgezogen; die Platte liegt dann offen zur Exposition. Den Kassetten sind Einlagen beigegeben, um auch für Aufnahmen mit kleineren Plattenformationen dienen zu können.

Die Kamera für Reproduktions zwecke gleichen in den Hauptpunkten den großen Atelierkameras; sie müssen jedenfalls zwecks genauer Erzielung des gewünschten Reproduktionsmaßstabes eine Einstellung durch Verschiebung des Hinterteils zulassen. Um von außen kommende Erschütterungen zu vermeiden, verwendet man oft Schwingstative, bei denen die Kamera und das Gestell für das zu reproduzierende Original starr miteinander verbunden und zusammen federnd gelagert oder pendelnd aufgehängt sind.

2. Handkameras.

Verzichtet man auf die Verwendung eines Stativs und hält die Kamera bei der Aufnahme frei in der Hand, so kann man n u r Momentaufnahmen machen, also solche mit Belichtungszeiten von weniger als ½ Sekunde etwa; jede zur Handkamera bestimmte Kamera muß daher mit einem Momentverschluß (S. 32) ausgerüstet sein, während Stativkameras nicht unbedingt einen solchen erfordern. Will man mit der Handkamera Zeitaufnahmen machen, so muß man die Kamera auf eine feste Unterlage (Tisch, die Rücken zweier Stühle, Bank, Leiter, Zaun usw.) oder ein Stativ stellen; meist sind sie mit einem Stativgewinde, das auf die üblichen Schrauben der Stative passt, ausgerüstet.

Die kleineren Sorten der Handkamera werden oft Taschenkameras genannt, obzwar man nur die wenigsten ohne Schaden für die gute Form der Kleider in einer normalen Rocktasche unterbringen kann. Infolge ihres unauffälligen äußeren und ihrer schnellen Bereitschaft zur Aufnahme können sie oft unbemerkt benutzt werden, was bei Aufnahmen von Volksszenen usw. nicht zu unterschätzen ist. Manche Typen sind mit einem Magazin für eine größere Anzahl von Platten (6 bis 24) versehen, andere besitzen Einrichtung für Gebrauch von gewöhnlichen Kassetten und bequemen Filmpackkassetten oder Rollfilmkassetten für Tageslichtwechslung.
Die Momentkameras mit Objektiven kurzer Brennweite besitzen bisweilen eine feste Einstellung, so daß sie stets fertig zum Gebrauch sind und man für die Aufnahme nur den Momentverschluß auszulösen hat. Die Verwendbarkeit solcher Kameras ist natürlich auf kleinere Formate beschränkt.

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Vollkommenere Momentkameras sind mit Vorrichtungen zum Regulieren der Geschwindigkeit des Momentverschlusses, sowie Verstellung des Objektivs (Mittels einer Skala, welche die Einstellung des Objektivs bei verschiedenen Entfernungen des Gegenstandes angibt) versehen.
Was von der Handkamera gefordert wird, ist einerseits möglichst geringe Raumeinnahme, um bequemes und unauffälliges Arbeiten zu ermöglichen, anderseits stete, momentane Aufnahmebereitschaft. Beide Forderungen stehen nun praktisch in einem gewissen Gegensatz zueinander; sie lassen sich nicht gleichzeitig voll erfüllen.

Kastenkameras.


Aus dem Streben nach steter Aufnahmebereitschaft, nach vollkommenster Schußfertigkeit, ist die Kastenkamera hervorgegangen; das Objektiv ist in einer der Brennweite entsprechenden Entfernung an der Vorderseite eines Kastens eingebaut, der an der Rückseite das Aufnahmematerial aufnimmt; die genaue Einstellung - falls nicht überhaupt nur eine "fixe Einstellung" auf annähernd " Unendlich" vorgesehen ist - erfolgt durch Verschieben des Objektivs oder Ausziehen des Kastens. Die wichtigste der gegenwärtigen Anwendungen findet dieser Typus bei der bewährten Spiegelreflexkamera (Bild 72): unter 450 steht im Kasten ein Spiegel, der das Bild auf eine oben in den Kasten eingesetzte Mattscheibe wirft, wo man es spiegelverkehrt, aber aufrecht und in wirksamer Aufnahmegröße bis zum letzten Augenblicke vor der Aufnahme beobachten kann. Im Augenblick der Aufnahme wird der Spiegel hochgeklappt, und das Bild fällt auf die an der Rückseite der Kamera angeordnete Platte. Diese befindet sich in einer Kassette (vgl. S. 46), oder es ist eine Rollfilmanordnung in die Kamera eingebaut (vgl. S. 42); sobald der Verschluß gespannt und die Kassette aufgezogen ist, ist die Kamera jederzeit schußbereit, zumal man auf der Mattscheibe das Spiegelbild andauernd genau verfolgen und auf das Hauptobjekt genau scharf einstellen kann.

Natürlich ist diese Kamera verhältnismäßig schwer und umfangreich; dem letzten übel suchte man in den letzten Jahren durch Konstruktion zusammenklappbarer Spiegelreflexkameras (Bild 73 u. 74) abzuhelfen, die freilich dann wieder nicht jederzeit schußbereit sind, außer wenn man sie immer aufgeklappt herumträgt; sie stellen aber doch einen wesentlichen Fortschritt dar.
Eine andere, jetzt nicht mehr so wie früher beliebte Form der Kastenkamera ist die Rollfilmkastenkamera (vgl.S.42 und Bild 84); stets schußbereit wie die Spiegelkamera verzichtet sie auf deren Vorteile, natürlich unter Gewinn an Leichtigkeit und Billigkeit.
Die früher wichtigste Ausführung des Kastentypus, die Magazinkamera (Bild 75), kann heute als überholt gelten. Sie war in der Regel für 6 oder 12 Platten 6 x 9 oder 9 x 12 cm eingerichtet, die mit Hilfe eines besonderen Mechanismus rasch gewechselt werden konnten. Ein Beispiel eines solchen Wechselmechanismus stellt Bild 76 dar; die Platten befinden sich in offenen Blechkassetten und werden mit diesen, mit der Schichtseite nach oben, in den oberen Behälter A gelegt.

Soll eine Platte exponiert werden, so wird durch Herausziehen der Stange S und den um D drehbaren Hebel H (welcher am S befestigt ist) die Platte in Pfeilrichtung nach unten gebracht und durch Hineinschieben der Stange S in den Fokus gestellt. Die exponierten Platten bleiben in dem Magazin M und werden dort schließlich zur Entwicklung herausgenommen.
Es gab noch eine große Reihe anderer Wechselmechanismen, die alle mit mehr oder weniger Glück danach strebten, nach jeder Aufnahme die Kamera rasch wieder schussbereit zu machen; schließlich ist aber das rasche Hintereinanderwegschießen von Platten keineswegs der Qualität der Aufnahmen förderlich, zumal die Fähigkeit recht teuer erkauft wird; das Gewicht, das solch eine Magazinkamera durch ein Dutzend Platten bekommt, ist auf Dauer wenig angenehm zu tragen; hierzu kommen die Unzuträglichkeiten, die der Wechselmechanismus häufig mit sich bringt, indem er plötzlich versagt; auch Verkratzen und Bestauben der Platten - Fehlerquellen, die ein kleines, zur Vergrößerung bestimmtes Negativ unbrauchbar machen können - kommen beim Gebrauch solcher Wechselmechanismen allzu häufig vor. Wo übrigens heute noch rascheste Folge von Aufnahmen nötig ist, z.B. of für die Pressephotographie, kann man rasch und sicher wechselnde Magazinkassetten (vgl. S. 47, Bild 96) an jeden Apparat anschieben, die wenigstens beim Versagen sofort abnehmbar sind, freilich auch zwei Fehler der Magazinkamera, hohes Gewicht und Verstaubungsgefahr, besitzen.
In den geschilderten übelständen liegt der Grund dafür, daß Fachmänner und ernst strebende Amateuren Handkameras jetzt vorzugsweise, ebenso wie bei den Stativapparaten, Einzel- und Doppelkassetten verwenden (S. 46). Die Möglichkeit der Einstellung und Beobachtung des Bildes auf der Mattscheibe bildet einen Hauptvorzug der Kassettenkamera vor der Magazinkamera.

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Klappkameras.

Bei diesen jetzt am stärksten verbreiteten zweiten Handkameratyp finden vorwiegend Kassetten Verwendung.

Dieser Typ stellt sich uns in zwei Ausführungsformen vor: erstens als Spreizklappkamera (Bild 77), die aufgeklappt gerade eine der Brennweite gleiche Auszugslänge hat; auf nähere Objekte wird durch Verstellung des Objektivs in seiner "Schneckengangfassung" eingestellt oder, bei einzelnen Konstruktionen, durch Verstellen der Spreizen (Bild 78); beim Arbeiten mit der Hinterlinse (vgl. S. 22) muß rückwärts ein Verlängerungsansatz angeschoben werden.

Solche Ansätze werden in zwei Ausführungen hergestellt: entweder nach dem Vorbilde der Klappkamera selbst (Bild 79) oder nach Art einer Reisekamera (Bild 80); bei der zweiten Art hat man einen größeren Spielraum im Kameraauszug, freilich sind solche Ansätze umfangreicher und schwerer. Beide Arten Ansätze werden auch so gebaut, daß sie den Gebrauch größerer Plattenformate zulassen, also für 9 x 12 cm-Klappkameras als 13 x 18 cm- Vergrößerungsansätze.

Trotz der gekennzeichneten Beschränkung ist die Spreizenkamera wegen ihrer einfachen und derben Konstruktion sehr beliebt, wenn auch jetzt nicht mehr so sehr, wie die zweite Form der Klappkamera, die Laufbodenklappkamera (Bild 81); hier wird der Objektivteil (Standarte) in einer Führung bewegt, die sich auf dem herunterklappbaren vorderen Abschlußteil des Kamerarumpfes befindet.

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