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Präparate für die Mikroskopie

Selber herstellen oder kaufen?


2016 © Thomas Gade

Ein Mikroskop besteht im wesentlichen aus drei Elementen: Licht, Optik und Feinmechanik. Letztere ist zum Scharfstellen wichtig, aber auch zum Positionieren des betrachteten Objektes beim Objektiv, weil dies mit der bloßen Hand bei hohen Vergrößerungen nicht mehr möglich ist.

Kreuztisch und Objektträger

Deshalb hat ein Mikroskop einen sogenannten Kreuztisch mit Feintrieben für die seitliche (links / rechts) Bewegung sowie vor und zurück. Die Probe befindet sich auf einem Objektträger, in der Regel ein rechteckiger Glasstreifen, der von gefederten Armen gehalten wird.


Objektträger mit Präparat auf dem Kreuztisch eines Mikroskops

Kurze Haltbarkeit von biologischen Objekten

Am Mikroskop werden oft biologische Objekte betrachtet, also Teile von Pflanzen, Tieren, Mikroorganismen und Menschen. Solchen Proben haben nur eine kurze Haltbarkeit und werden durch das Präparieren dauerhaft konserviert.

Abtöten, Sterilisieren und entwässern

Die Proben dürfen deswegen kein Leben enthalten und sollten weitestgehend entwässert sein, weil Wasser - auch in geringsten Mengen - Mikroorganismen Lebensraum bietet. Sie können das Ausgangsmaterial zersetzen. Mit Alkohol zum Wasserentzug und Giften werden die Proben sterilisiert und entwässert.

Geringe Schärfentiefe - daher dünne und plane Schnitte

Am Mikroskop hat man nur eine äußerst geringe Schärfentiefe, die sich mit zunehmender Vergrößerung verringert.  Deshalb sollen die Proben möglichst eben sein. Am Durchlichtmikroskop müssen sich auch hauchdünn sein, um transparent genug zu sein, damit sie vom durchscheinenden Licht ausreichend beleuchtet zu werden. Um dies zu erreichen, werden dünne Schnitte gemacht oder kleine Lebewesen, wie Flöhe, zwischen dem Deckglas und dem Objektträger plattgedrückt. Je dünner und planer ein Präparat ist, desto besser ist es für die geringe Schärfentiefe des Mikroskops geeignet.


Ein Floh als Präparat zwischen dem Objektträger aus Glas und dem Deckglas.


Farbstoffe und Kontrastmittel verbessern die Sichtbarkeit

In den dünnen Schnitten sind Details oftmals kaum zu erkennen. Deshalb setzt man beim Herstellen eines guten Präparates oft spezielle Färbemittel ein, die einige Teile färben - wie Zellmembranen oder Kerne. Die Mikroskopierer haben in zahlreichen Experimenten eine Vielzahl Kontrast- und Färbemittel entwickelt. Viele sind giftig.

Verkleben mit einem Einschlussmittel

Am Ende wird das Präparat mit einem Einschlussmittel zwischen dem Deckglas und dem Objektträger dauerhaft fixiert. Das Einschlussmittel hat nahezu die gleichen Lichtbrechungseigenschaften wie Glas und verklebt die Gläser und das Präparat dauerhaft miteinander.


Fertig zum Mikroskopieren: Zwei Objektträger mit Präparaten

Herstellung eines Präparats

Der gesamte Vorgang des Präparierens ist so komplex wie Kochen, aber im Alltag ungleich viel seltener anzutreffen, sodass man die entsprechenden Kenntnisse nicht mal so nebenbei aufschnappt wie das Zubereiten von Speisen in Mutters Küche.

Man benötigt die entsprechenden Behälter, die Zutaten, die Rezepte, bzw. Anleitungen. Man benötigt Kenntnisse im Umgang mit Chemikalien und zur Vermeidung von gesundheitlichen Risiken. Nicht jeder hat die nötige Motivation, Zeit und das Geschick zur Herstellung von guten Präparaten.

Für Untersuchungen mit dem Mikroskop braucht man nicht immer aufwendig produzierte Präparate. Das Betrachten dünner Schnitte oder Abstriche von Körperflüssigkeiten wie Blut und Urin geht auch, in dem man sie ohne weitere Vorbereitungen zwischen den Objektträger und das Deckglas legt, aber dann sind sie nicht haltbar. Auch kann man am Tümpel kleine Tropfen der Flüssigkeit untersuchen.

Vorsicht Gift

Viele Zutaten zum Präparieren sind giftig, leicht entzündlich, flüchtig und sogar explosiv. Besondere Obacht ist angesagt, wenn man Präparierzubehör aus zweiter Hand kauft oder erbt. Da können sehr unangenehme Substanzen bei sein, die heute deswegen gar nicht mehr im Handel sind.


Funde im alten Kosmos Arbeitskasten Mikroskopie.



Deckel des 'Arbeitskasten Mikroskopie' von Kosmos aus dem Jahre 1971. Der Herr arbeitet ohne Schutzmittel wie Einmalhandschuhe oder Spritzschutz für die Augen. Seine Kleidung passt gar nicht zu den Färbemitteln und sonstigen Chemikalien beim Präparieren. In manchen Haushalten findet man noch alte Mikroskopierkästen, doch können sie gefährliche Stoffe enthalten. Kinder sollten nur unter Aufsicht damit experimentieren. Moderne Sets sind harmloser.

Erste Schritte - Mikroskopierkasten für Kinder

Wer zunächst keine Anleitung durch einen erfahrenen Präparate-Hersteller in Anspruch nehmen kann, sollte sich einen neuen (!) Mikrokopier-Kasten für Kinder (um 12 Jahre) kaufen. Er enthält die notwendigen Dinge und einfache Anleitungen für die ersten autodidaktischen Experimente. Damit kann man schon feststellen, ob einem die Sache Spaß macht.

Fortgeschrittene Kenntnisse durch sachkundige Anleitung

Wer mehr wissen möchte, sollte über ein Mikroskopie-Forum die nötige Anleitung in der näheren Umgebung suchen. Es gibt Mikroskopie-Vereinigungen mit motivierten Mitgliedern, die ihre Kenntnisse gerne weitergeben und auch einen guten Rahmen für Seminare anbieten. Anders als in der Astronomie sind Mikroskopierer tendenziell nur wenig darauf bedacht, sich in sinnlose Haarspaltereien zu verstricken oder in einem Wettkampf um das beste Mikroskop. Sie kennen die Potenziale verschiedener Mikroskopklassen und wissen, dass man sowohl mit einfachen und günstigen Mikroskopen bereits viel sehen kann, aber eine hochwertige und teure Ausstattung Vorteile hat. Sie wissen auch, dass der Wissenschaftler Robert Koch mit einem sehr einfachen Mikroskop die Milzbranderreger entdeckte und weitere Krankheitsverursacher. Ob man nun über ein gutes, aber gebrauchtes Schülermikroskop für rund 100 € verfügt oder über ein Topgerät für mehrere 1000 €, mit allen kann man interessante Beobachtungen machen. Und in jedem Fall sind gute Präparate wichtig für gute Beobachtungen.

Wer mehr über das Herstellen von Präparaten für die Mikroskopie wissen möchte, sollte daher ohne Schwellenangst oder Minderwertigkeitskomplexen aufgrund eines billigen Mikroskops die Angebote von Mikroskopie-Vereinigungen wahrnehmen. Hier wird man mit dem sachgerechten Umgang mit zum Teil gefährlichen Stoffen vertraut gemacht und lernt die entsprechenden Verfahren kennen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass man in solchen Gruppen auch ein reger Materialaustausch stattfindet. Wer sich einen halben Liter Xylol kauft, braucht davon oft gar nicht mehr als 100 ml und kann den Rest abgeben. Viele andere Dinge wie Färbemittel und Einschlussmittel lassen sich von mehreren kostengünstiger beschaffen und irgendwie sickern solche Dinge auch aus Instituten und Forschungseinrichtungen in Mikroskopie-Gruppen.

Sicherheit

Bewegt man sich beim Herstellen von Präparaten außerhalb des eingeschränkten Zutatenmixes von Experimentierkästen für Kinder, ergeben sich schnell gesundheitliche Risiken. Im Haushalt mit mehreren Personen, darunter kleinere Kinder, ist unbedingt Sorge dafür zu tragen, dass niemand durch die gefährlichen Substanzen gefährdet wird. Am besten klärt man dies erschöpfend vorab, um Verdruss zu vermeiden. Möglicherweise bietet eine lokale Mikroskopie-Gruppe die besseren Möglichkeiten.

Selber präparieren oder fertige Präparate kaufen?

Wer keine Präparate herstellen kann oder mag, sollte sie lieber kaufen. Dies kann im einschlägigen Handel stattfinden oder man meldet sich in Mikroskopie Foren an. Dort sind Leute anzutreffen, die gerne Präparate herstellen und gegen einen Kostenbeitrag für die notwendigen Mittel auch welche abgeben. Im Lehrmittel- oder Mikroskophandel werden zahlreiche Präparate zu verschiedenen Themen angeboten. Jedes Präparat ist klar gekennzeichnet und ordentlich beschrieben, sodass man genau weiß, was man betrachtet.

Entscheidet man sich für diesen Weg, sollte man wissen, dass die Einschlussmittel durch Xylol gelöst werden. Schmuddelige Präparate reinigt man am besten mit gewöhnlichem Glasreiniger aus der Drogerie.
 


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