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Bridgecamera / Bridgekamera


2010 / 2016 © Thomas Gade

Der englische Begriff Bridgecamera wird hierzulande als Bridgekamera übersetzt. Eigentlich müsste man Brückenkamera sagen, denn diese Gattung soll eine Brücke bilden zwischen den Spiegelreflexmodellen, einfacheren Kompaktkameras und Camcordern.

Bridgekameras sehen aus wie kleine Spiegelreflexkameras. Sie haben Zoomobjektive mit großen Brennweitenbereichen, die alles vom Weitwinkel bis zum starken Teleobjektiv nebst Makro abdecken. Man kann mit ihnen fotografieren und filmen. Neben einem Display auf der Rückseite haben sie einen elektronischen Sucher, der wohl nur zum Tragen kommt, wenn helles Umgebungslicht die Benutzbarkeit des Rückseitendisplays erschwert. Trotz ihres Aussehens ähneln sie weniger den Spiegelreflexkameras als den flachen Kompaktkameras. Wie diese haben sie einen viel kleineren Aufnahmesensor als digitale Spiegelreflexkameras, was massgeblich die erreichbare Qualität der Bilder beeinträchtigt.

Die Kameramodellentwicklung der letzten Jahre zeigte, dass sich die Funktionsumfänge der Kameragattungen einander annähern. Von einem guten modernen Camcorder wird erwartet, dass er neben guten Filmen auch scharfe und detailreiche Fotos liefern kann. Die Spiegelreflexkamera wurde mit den Funktionen Live View und Video ausgestattet. Die Kompakt- und Bridgekameras kameras sollen sowohl gute Foto- als auch Filmqualität anbieten.

Gegenüber den Spiegelreflexmodellen haben Bridgekameras diverse Vorteile. Das festeingebaute Objektiv deckt einen riesigen Brennweitenbereich ab. Beispielsweise besitzt die Kodak Easyshare einen 24fachen optischen Zoom, der bezogen auf die konventioneller 35mm Kamera einem Bereich von 26 bis 624 Millimetern entspricht. Das Wegfallen des Objektivwechsels bedeutet zugleich, dass der Aufnahmesensor nicht verstaubt. Zudem sind Bridgekameras relativ leicht und klein. Das Mitschleppen von schweren Wechselobjektiven und großen Taschen entfällt.

Die höhere Bildqualität der DSLR aufgrund ihres großen Aufnahmesensors läßt sich nicht wegdiskutieren, doch hat eine kompakte, leichte 'Immer dabei Kamera' den Vorteil, bequem mitgenommen werden zu können.


Fujifilm Finepix S2000HD und eine Panasonic Lumix DMC-FZ28 neben der Spiegelreflexkamera Pentax K10D mit einem 18-200mm Zoom.

Wenn es um viel Leistung für relativ wenig Geld geht, sind Bridgekameras eine hervorragende Option. Im Urlaub wird man sie kaum als Bürde betrachten. Die Spiegelreflex mit Wechselobjektiven und eine zusätzliche Videokamera sind bedeutend unbequemer. Bridgekameras lassen sich in kleinen Taschen mitnehmen und sind in den meisten Aufnahmesituationen gut einsetzbar. Zudem spendieren die Hersteller ihnen eine Fülle an Funktionen zur Standbild-, Film- und Tonaufnahme.

Erwartungen und Entwicklung

Aus heutiger Sicht reicht es nicht, dass eine Bridgecam gute Foto liefert; sie muss auch filmen können. Sie soll ein gutes Zoomobjektiv mit weitem Brennweitenbereich und Makrofähigkeit haben, bis 800 ASA saubere Bilder ohne auffälliges Rauschen liefern und möglichst mit einem schwenkbaren Display aufwarten können. Die Gehäuse sollten robust sein und den meisten (Un-) Wettersituationen standhalten.

Das Aufnehmen von Videos mit Bridgekameras ist verbesserungsfähig. Beim Zoomen und Scharfstellen werden meist Geräusche von den Motoren aufgenommen. Das Einstiegs-HD-Format (1280x720 Punkte) ist nicht mehr ausreichend. Full-HD wäre besser. Darauf ist beim Kauf zu achten. Beim Filmen im Freien verdirbt Wind, der über das Mikrophon bläst, die Tonqualität. Daher ist die Möglichkeit, ein externes Mikro, das mit einem Windfell umwickelt wird, anschließen zu können, von großer Bedeutung.

Die Bildauflösung der aktuellen Kameras liegt zwischen 10 bis 16 Millionen Pixeln. Es ist ein Trend zum Stopp bei ca. 12 Megapixeln erkennbar, weil diese Anzahl bereits für grosse detailreiche Drucke ausreicht und Probleme, die sich aus einer stärkeren Verdichtung der Pixel ergeben, wie deutliches Rauschen bei höheren ISO-Werten, bislang nicht befriedigend in den Griff zu bekommen sind. Mit höheren Pixelzahlen kann man viele Käufer derzeit nicht wirklich mehr reizen.

Bridgekameras reagieren nicht so zügig wie ausgewachsene digitale Spiegelreflexkameras, bei denen meistens praktisch keine Verzögerung beim Auslösen spürbar ist. Während eine DSLR vom unsicheren Autofokus ausgebremst werden kann, kommt bei den Bridgekameras eine zweite Verzögerung durch den Verarbeitungs- und Schreibvorgang des vorher aufgenommenen Bildes zustande. Bei der Pansonic Lumix FZ28 gab es zwischen Bildern, die im RAW Modus aufgenommen wurden, eine ca. zweisekündige Pause, in der die Kamera nicht reagiert. Zwar ist sie zu schnelleren Belichtungsreihen fähig, doch nur unter verminderter Qualität. Für den Sport- und Actionfotograf könnte dies ein KO-Kriterium sein. Solche Leistungsschwäche müßten zügig behoben werden.

Die Objektive der Bridgekameras werden immer besser. Vor allem mit Hinblick auf ihren nutzbaren Brennweitenbereich. Spiegelreflexbenutzer können mittlerweile 18-270mm Objektive von Tamron erwerben, die mit der Bezeichnung 15x benannt werden könnten. Diese Optik wiegt und kostet deutlich mehr als eine komplette Bridgekamera. Außerdem ist der äußere Telebereich bei solchen Superzooms mit Vorsicht zu genießen; die Bildqualität läßt dort sichtbar nach. Die neuesten Bridgekameras haben Megazooms mit Faktoren zwischen 15x bis 30x (Nikon P100). Unter 20x läuft bei aktuellen Modellen kaum noch etwas. Das Objektiv der Panasonic Lumix DMC-FZ28 ist auch in der äußersten Teleeinstellung leistungsstark.



Gute kleine Kompaktkameras können inzwischen mit ähnlichen Werten und Funktionen aufwarten wie die Bridgecams. Dabei haben sie ein geringeres Volumen; sie sind flach und daher eher als 'Immer-dabei-Kamera' zu betrachten als die mehr in die Tiefe gebauten Bridgekameras.

So hat die schmale und flache Panasonic Lumix DMC-TZ7 ein 12x Zoom mit hervorragenden Eigenschaften. Diese Kamera kann gute Fotos und Filme liefern, ähnlich wie die Lumix FZ28. Die kompakte Nikon Coolpix S8000 hat ein 10x Zoom mit echten Weitwinkel. Geht man davon aus, dass der große Vorteil der Bridgekameras vor allem darin zu sehen ist/war, dass sie in Gehäusen, die deutlich kleiner und leichter als digitale Spiegelreflexkameras sind, viele Funktionen mit guter Leistung kombinierten und sich leistungs- und funktionsmäßig von den Kompaktkameras abhoben, müssen sich die Hersteller etwas einfallen lassen, um sie den Käufern zukünftig noch schmackhaft zu machen. Zudem gibt es ein paar kompakt gebaute und leichte echte Spiegelreflexkameras im Handel, die preislich immer attraktiver werden.

Problem: Sucher

Bridgekameras haben neben dem Display auf der Rückseite einen Sucher, den alternativ zum Anvisieren des Motivs verwendet werden kann. Es handelt sich dabei nicht um optische Sucher wie in Spiegelreflexkameras sondern um Displays, die mit Hilfe eines Einblickokulars betrachtet werden. Die Bildqualität dieser Sucher ist in den meisten Kameras aufgrund einer geringen Anzahl Bildpunkte viel schlechter als in optischen Suchern. Man darf davon ausgehen, dass viele Bridgecam-Benutzer über 40 sind und im Nahbereich unscharf sehen. Sie sind altersbedingt weitsichtig. Daher fällt es ihnen schwer, mit dem Display auf der Kamerarückseite klar zu kommen. Bessere Sucher mit komfortablem Einblick, Dioptrienkorrektur und guter Bildqualität wären sehr angebracht, um diesem Klientel entgegen zu kommen.


Gebrauchtmarkt

Die technologische Entwicklung sowie der Preisverfall verlaufen schnell. Der Kauf einer über vier Jahre alten Digitalkamera ist nicht wirklich sinnvoll, weil die aktuellen Einsteigermodelle sehr preisgünstig und technisch weiter entwickelt sind.

Auf dem Gebrauchtmarkt gibt es ein paar Bridgekameras, die bei ihrem Erscheinen auf dem Markt echte Sensationen waren. Dazu gehört die Minolta Dimage A2 mit 8 Megapixeln, einem kleinen 1,8 Zoll Display, Anti Shake, einem Brennweitenbereich, der 28-200mm für 35mm Film entspricht, und einem verhältnismäßig guten elektronischen Sucher mit 922.000 Pixeln. Der interne Sucher der moderneren Panasonic Lumix DMC-FZ28 hat nur 201.600 Punkte. Die Minolta Dimage A2 wiegt ohne Akku und Speicherkarte 0,56 kg. (Vergleich: Die Panasonic Lumix DMC-FZ28 wiegt 0,37 kg). Die Filmaufzeichnungsfähigkeiten der Minolta Dimage A2 sind sehr bescheiden. Fotos speichert sie als RAW,TIF oder JPG. Wer so ein Gerät im guten Zustand für 100 € bekommt, macht nichts falsch. ähnliches gilt nur für (ehemalige) Spitzentechnik mit Anti-Shake und mindestens 6 Megapixeln von renommierten Herstellern. Ansonsten sollte man die Finger von veralteter Technik, die in Erinnerung an ehemalige Kaufpreise überteuert angeboten wird, lassen. Der Preisverfall für moderne Technik ist so extrem, dass sich Käufe von älterer mittelmäßiger Technik kaum lohnt. Bedenken sollte man, dass die allermeisten kompakten, leicht gebauten Alleskönner mit Sicherheit nicht für einen langen Einsatz gebaut wurden. Irgendwann geht irgend etwas in einer Bridgekamera kaputt. Passiert das außerhalb der Garantie- und Gewährleitungsperiode, ist sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr für einen sinnvollen Preis instandzusetzen und Abfall.

DSLR oder Bridgekamera?

Mittlerweile gibt es digitale Spiegelreflexkameras für unter 300 €. Die Sony A230L wird mit einem Zoomobjektiv für 277 € im Media Markt verkauft (25. 3. 2010). Einige Bridgekameras sind deutlich kompakter als klein gebaute Spiegelreflexmodelle. Doch unterscheiden sich die besser ausgestatteten Modelle in dieser Hinsicht nicht so gravierend von einer kompakten DSLR mit einem 18-250mm Zoom.

Gegen die DSLR spricht die Gefahr des Verstaubens ihres Aufnahmesensors. Das passiert beim Objektivwechsel, wenn das Kameragehäuse dabei kurzzeitig offen ist und kann als starkes Argument gegen eine Spiegelreflexkamera (oder andere Kamera mit Wechseloptik) gelten.

Jedoch erlauben DSLR den manuellen Eingriff in viele Bereiche, wie Blende, Scharfstellung, Zeit. Das manuelle Scharfstellen bietet häufig große Vorteile gegenüber einem Autofokus, der das macht, was er machen soll. Die größeren Aufnahmesensoren der DSLRs bewirken besonders bei höhren ISO-Werten eine bessere Bildqualität.

Das Verstellen der Brennweite erfolgt bei Objektiven der DSLR gewöhnlich durch das Drehen des Zoomrings. Das Zoomen mit einer Bridgekamera erfolgt über einen Verstellhebel, der eine motorische Verstellung der Brennweite auslöst. Das geht zügig, läßt sich aber nicht, falls gewünscht, ausreichend verlangsamen. Der Zoomvorgang an der Bridgecam erfolgt mit einer Verzögerung beim Start und Stopp. Dagegen reagiert das Zoomobjektiv der DSLR mit manueller machnischer Verstellung direkt und so schnell der Fotograf das möchte.

Wer mit welchem Kameratyp am besten bedient ist, hängt von den individuellen Ansprüchen, Fähigkeiten, Aufnahmebedingungen und Erwartungen der Personen zusammen. Die Bridgekamera wird einen ambitionierten Fotografen, der eine Spiegelreflexausrüstung kennt, schätzt, technisch versiert ist und bereit ist, entsprechende Summen für seine Ausrüstung auf den Tisch zu legen, auf Dauer nicht befriedigen. Vielleicht als Zweitgerät, aber nicht als Ersatz. Es fehlen einfach ein paar technische Kontrollmöglichkeiten. Dagegen gibt es viele Fotofreunde, die mit einer Bridgekamera alles abdecken können, was sie mit einer Kamera machen wollen. Für sie sind Bridgekameras ideale Aufnahmegeräte.
 

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