Gefärbtes Licht
Von der Dunkelkammer her wissen wir, daß bei Rotlicht alle Gegenstände ihre "Eigenfarbe" verlieren, die einzige Farbe, die es dann

Tiefrot. Zur Entwicklung von orthhochromatischem negativ-Material, da dieses für Rot nicht empfindlich ist.

Hellrot oder Orange. Für Bromsilber- (Vergrößerungs-)Papiere. Tiefrot nicht erforderlich, da Papiere weniger allgemeinempfindlich als Negativ-Schichten. Empfehlenswerter jedoch das grüngelbe Filter, s. unten.

Gelb. Für Kunstlicht-Kopierpapiere, daderen Empfindlichkeit so gering ist, daß er schon genügt, wenn man durch Gelb das Blau abschneidet, für das sie am stärksten empfindlich sind.

 

Grüngelb (Agfa Nr. 113). Ein sehr empfehlenswertes Filter zur Entwicklung von Bromsilber-Papieren. Nur im indirekten Licht zu verwenden, jedoch auch dann noch außerordentlich hell. Verhindert im Gegensatz zu Rotlicht jede Täuschung über die entwickelnden Tonwerte, Schneidet Blau und Blaugrün restlos, ferner einen Teil des Rot ab.

 

Tiefgrün. Für die Verarbeitung von panchromatischen Schichten, da diese für Grün relativ am schwächsten empfindlich sind. Schneidet insbesondere das Rot ab, für das einige panchromatische Schichten besonders hoch empfindlich sind (Typ II und III, S. 35).

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noch gibt ist Rot. Das ist ein schönes Beispiel dafür, daß ein Gegenstand immer nur eine Farbe haben kann, die in dem Lichte enthalten ist, das ihn trifft.Treffen ihn z. B. nur die langwelligen Rotstrahlen, so kann auch die Farbe, auf die er bei weißem Mischlicht "anspricht", nicht aufleuchten. So erlöscht auch im Grünlicht jede andere Farbe außer Grün usw.
Wir haben zeitweise das größte Interesse daran, gewisse Farbkomponenten aus dem "weißen" Lichte herauszufiltern, beim Entwickeln nämlich. Dann filtern wir das weiße Licht so, bis nur der jeweils "ungefährliche" Farbanteil übrigbleibt, ungefährlich deshalb, weil die Schicht auf diesen rechtlichen Farbanteil nicht oder nur ganz schwach reagiert. Die wichtigsten Dunkelkammer-Filter (oder auch Birnen aus gefärbtem Glas) sind die nebenan abgebildeten.

Gefärbtes Licht spielt auch bei der Aufnahme eine große Rolle. Es verfärbt die Gegenstände. Zwei Beispiele: das Morgen- und Abendlicht ist gelblich-rötlich. Elektrisches Licht ist nahezu orangefarben. Jeder hat sicher schon beobachtet, wie bei diesem Lichte z. B. ein normalerweise leuchtendes Blau schmutzig und schwärzlich erscheint. Der Grund ist einfach: dieses Licht ist so blauarm, daß das Blau nicht zum Aufleuchten kommt. Wieder der Fall: die Farbe, die nicht oder ungenügend im Lichte enthalten ist, kann auch nicht oder nicht genügend in Erscheinung treten. Ähnlich liegt es mit bläulich gefärbtem Licht (Schneelicht, auf hohen Bergen, usw.). Dann fehlt stark die Gelb-Rot-Komponente.
Bei alledem wollen wir uns vor allem über eins klar sein: genau so "verschoben" wie für unser Auge wir dann auch für die fotografische Schicht das Bild, d.h. sie zeigt bei gefärbtem Licht auch entsprechend andere Tonwerte. Wie stark die Verschiebung ist, sieht man an den Lagorio-Kurven auf S. 37, die die farb-Verschiebung bei Nitralicht zeigen. Wenn also Licht in der Zusammensetzung seiner Wellenlängen sehr verschieden sein kann, so darf man zeitweise sogar die Frage stellen:

 

"Auf welcher Wellenlänge fotografieren Sie?"

Sehen wir uns die Zeichnung auf der nächsten Seite an: Denken wir einmal an das gelblich-rötliche Licht elektrischer Birnen. Gelb ist ein Gemisch aus Grün und Rot. Daher wird Grün und Rot (das sogarim Überschuß vorhanden ist) bei diesem Lichte auch entsprechend betont. Insbesondere die Rotwiedergabe steigt.

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Deshalb ist Film Typ I (S. 37) bei diesem Lichte praktisch tonrichtig. An den Kurven auf S. 37 sieht man aber auch wie gefährlich dann die Rotwiedergabe bei Typ III steigt.

Gelbliches Licht. Abends, früh am Morgen und Licht elektrischer Birnen.
Gelb= Gemisch aus Rot und Grün.
Die kurzen Wellen, Blau, Violett und Ultraviolett (nicht sichtbar), wiegen vor. Wirkung etwa die eines Blaufilters. Bei Schnee (Blau vorwiegend) Ausgleich durch Gelbfilter. Im Hochgebirge (Ultraviolett vorwiegend) Ausgleich durch UV-Filter (s. S. 211, 212) Bläulisches Licht. In geringem Maße mittags, vor allem aber mittags im Hochgebirge. Ferneer im Winter bei Schnee.

Ein weiteres Beispiel dafür, daß, wie schon in Goethes Farbenlehre festgestellt wird, "farben Taten des Lichts" sind, daß also von der Zusammensetzung des Lichtes die jeweilige farbigkeit von Pigmenten abhängt: gewisse Spezial-Lampen (Quecksilberdampf, Höhensonne) geben z.B. der menschlichen Haut ein leichenhaftes Aussehen. Diesem Licht fehlt die Gelb-Rot-Komponente, sie kann also auch nicht reflektiert werden.
Alle diese Zusammenhänge sind fotografisch oft von Belang, insbesondere, wenn es sich um letzte Feinheiten in der Tonwertwiedergabe handelt. Denn die fotografische Schicht kann selbstverständlich nur die Farbigkeit registrieren, die jeweils vorhanden ist.
Aus der Lehre vom Lichte und der Farbe gewinnen wir noch weitere Erkenntnisse, die zeigen, mit welchen großen Zusammenhängen die Fotografie verkettet ist, - oft darf man auch sagen: in welche Komplikationen sie verwickelt ist.
Wir haben viel mit dem blauen Himmel, mit blauen Mittagslicht, mit gelblichem Abendlicht, mit dem bläulichen Luftschleier der Ferne und überhaupt viel mit der Atmosphäre zu tun, und da wir über diese Dinge nachzudenken pflegen, stellen wir eine Frage, die vielleicht ein Kind stellen, einen Erwachsenen aber möglicherweise verlegen machen könnte.

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Wie entsteht das Himmelsblau und das Abendrot?

(Siehe die Zeichnung a. d. nächste Seite.)

Die Farben der Atmosphäre entstehen durch Beugung.

Der Weg des Lichtes ist unsichtbar und dunkel. Er ist stets nur an Körpern, die auf diesem Wege liegen, erkennbar. Ein Spiegel, mit dem wir das Sonnenlicht auf eine Hauswand werfen, läßt den Weg des Lichtes nicht erkennen. Nur da wo der Zusammenstoß des Lichtes mit Materie stattfindet, an der Hauswand, erscheinen uns die Lichtstrahlen als Licht. Blasen wir aber beispielsweise Zigarettenrauch in den Weg des Lichtes, so wird der Strahl sichtbar, gleichfalls nur als Reflexion an kleinen Materie-Teilchen. Gäbe Sonne nur ein heller Ball, alles übrige in der Welt wäre dunkel, - wir sähen die Sonne lediglich als Scheibe, umgeben von nächtlichem Dunkel. ""ag""ist es bei uns, weilringsum Licht gebeugt und gestreut wird.
Dann kann auch das Himmelsblau nur Streulicht sein. Aber warum ist es blau? Warum wird nur das kurzwellige blaue Licht sichtbar? Weil nur dieser Anteil des weißen Lichtes Streukörper findet, an denen er sich brechen kann. Für die kurzwelligen Strahlen, die wir als Blau empfinden, genügen zur Berechnung, zur Reflexion, schon die Luftmoleküle. Sie sind grob gegen die unendlich kurze Welle des blauen lichtes. Am blauesten ist der Himmel in der staubfreiesten Luft, d. h. wenn nur Blau gebrochen und reflektiert wird. Treten roburstere Streupartikel auf, z. B. die meist in der Atmosphäre schwebenden Staupteilchen und Wasserdampf, so werden auch die längeren Wellen (Gelb, Rot) gebrochen und treten damit als Licht in Erscheinung. Das Gemisch ergibt dann ein milchiges Blau oder das trübe Grau einer mit Staubpartikeln und Wasserdampf überladenen Atmosphäre.
Ähnlich verhält sich mit der "blauen Ferne". Zwischen dem Beschauer und z. B. fernen Bergen befinden sich meilenweite Luftmassen. Die Luftmoleküle brechen Blau. Je reiner die Luft, um so unvermischter kommt Blau beim Beschauer an. Trüber wird es, wenn durch Staub- und Dunstteilchen auch die längeren Wellen Grün, Gelb, Rot gebrochen werden. Grau wird die Ferne, wenn massive Streukörper wie Wasserdampf alle Strahlen brechen.
Muß das Licht einen außerordentlich langen Weg durch dunstige und staubige Atmosphäre zurücklegen, nämlich bei tiefen Sonnenstande am Abend, so werden durch die groben Staubpartikel vorwiegend die langwelligen Strahlen gestreut. Sie allein kommen auch bei uns an, die kurzwelligen blauen haben sich vorher schon durch Streuung verausgabt, gewissermaßen totgelaufen, Gelb-Rot wiegt vor, - am Himmel steht das Abendrot.

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Wie das Himmelblau und das Abendrot entsteht.
(Die Veranschaulichung nimmt keine Rücksicht darauf, daß die Sonnenstrahlen natürlich zu-
einander parallel auf die Erde fallen.)

 

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An der Zeichnung sehen wir:
Oben: hoher Sonnenstand. Kurzwellige Strahlen durch die Moleküle der Luft gestreut und dadurch sichtbar. Langwellige Strahlen (Gelb, Rot) nicht sichtbar, da nicht gestreut. Blau am reinsten in staubfreier Luft (Staubpartikel würden auch Gelb und Rot streuen und sich mit Blau zu Weiß bzw. weißlichem Blau ergänzen).
Rechts unten: tiefer Sonnenstand. Das Strahlengemisch durchläuft schräg eine dichte atmosphärische Staubschicht. Der atmosphärische Staub streut die langwelligen Strahlen (Gelb, Rot), sie werden damit sichtbar. Blau vorher durch Streuung ganz oder z.T. verausgabt, farbigstes Abendrot bei tiefstem Sonnenstand (längstem Weg des Lichtes durch die Staubschicht).
Etwa 50 km über der Erde liegt eine Ozondecke (dreiatomiger Sauerstoff), die den größten Teil der der Ultraviolett-Strahlung absorbiert. Die UV-Strahlung wird noch weiter durch die Staubschicht gedämpft. In der staubfreien Luft hoher Berge tritt das UV-Licht immer noch genügend in Erscheinung, es muß dann, da es fotografisch Unschärfen bewirkt, durch UV-Filter herausgefiltert werden (s.S. 156 ""Optik"").

Die fotografisch wichtigsten Erkenntnisse, die sich aus dem Verhalten des kurzwelligen und des langwelligen Lichtes ergeben, sind folgende:

1. Panchromatische Schichten "verlängern den Tag", den fotografischen Tag. Wird nämlich am späten nachmittag das Licht gelber (wir empfinden es kaum, aber es ist so), und wird es später sogar rötlich, so werten panchromatische Schichten dieses Licht weit besser auch als orthochromatische, denen die hohe Gelb-Rot-Empfindlichkeit fehlt.

2. Daß Gelb und Rot die dunstige Atmosphäre (auch mitten am Tage) besser durchdringen als Blau, wir von Belang bei fernaufnahmen, z.B. im Gebirge. Die gelb-rot-empfindliche panchromatische Schicht reagiert etwas weniger als die ortchromatische auf das die Ferne verschleiernde blaue Streulicht und verwertet etwas besser die "durchdringende" Gelbrot-Komponente. Deshalb "entschleiert" sie die Ferne in gewissem Maße. In sehr hohem Maße sogar, wenn man ihr ein Rot- oder Orangefilter vorschaltet. Dann zeigt die gefilterte Aufnahme in der ferne mehr als das Auge sah. Trotz "weißen" Lichtes ist dann die Aufnahmen nur mit Hilfe der Gelb-Rot-Strahlen, die dieses weiße Licht enthielt, zustande gekommen, das die Ferne verschleiernde blaue Streulicht wurde zum großen Teil herausgefiltert. In noch höherem Maße wird die Ferne entschleiert, wenn man auf noch "längerer Welle fotografiert", der infraroten, s. S.216.

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Wir wissen jetzt, auf wie vielerlei Weise Farbe entstehen kann: durch Vernichtung von Farbe (Pigmente). Wir kennen ferner die reinen Farben der Spektren glühender Gase (Spektralfarben). Und wir haben festgestellt, wie stark uns Farbe und farbiges Licht fotografisch angeht. Eir wissen jetzt drittens auch, wie Farbe durch Beugung entsteht, nämlich durch Ablenkung eines Teiles des "weißen" Lichtgemisches.

Das ist beim Himmelsblau, beim Abendrot, außerdem aber noch bei Schmetterlingsflügeln, bei Pfauenfedern, bei Perlmutter u.a.m. der Fall. Wir nehmen damit Abschied von unserer kleinen und sehr unvollständigen fotografische Farbenlehre. Aber wir tun es nicht, ohne uns noch kurz mit einer vierten Möglichkeit der Entstehung von Farbe zu befassen: Farbe kann auch durch Interferenz-Erscheinungen entstehen, ein fall, der uns oft leider allzustark betrifft. Schon auf S. 145 sah man das Unheil, das sie anrichten: die Newton-Ringe, und dort wird auch gesagt, wobei und weshalb sie zu unserem Kummer vorhanden sind. Sie sind wahre Farben- und Formenwunder aus - nichts. Noch gibt es - außer Behelfen - kein radikales Mittel gegen sie. Sie können seuchenartig auftreten und dann auch den tapfersten Mann aus der Dunkelkammer verjagen. Am nächsten Tag sind sie dann vielleicht wie weggeblasen. Aber damit sind sie nicht ausgestorben, sie sind lediglich ein Haus weitergezogen und nehmen sich den nächsten vor. . . . .Hier sehen wir drei besonders gesunde Exemplare. Schön sind sie. Aber wir können gern auf sie verzichten.

Die sichersten Maßnahmen gegen das Übel der Newtonringe sind vorbeugende. Sie sind auf Seite 146 genannt.

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IX. NÜTZLICHES KLEINES
A B C

Abschwächen mit Silberputzpomade*)
Größere Negative kann man dadurch partiell abschwächen, daß man auf die zu stark gedeckten Stellen des (trockenen) Negativs etwas Silberputzpomade bringt und die betreffenden Stellen so lange mit der Pomade schleift, bis sie die genügende Transparenz haben. Das Schleifen geschiet am besten mit der Fingerkuppe.

Architektur-Aufnahmen
Beste Beleuchtung: seitliche. Frontale Beleuchtung wirkt unplastisch. Wird die Kamera etwas nach oben gerichtet, so scheinen die Gebäude auf dem Bilde "umzukippen" (Abb. Siehe S. 138). Anderseits drücken ausgesprochene "Sichten von unten" oder von oben die Wucht eines Gebäudes besonders stark aus. Objektive, die sich am besten für Architektur-Aufnahmen eignen: Weitwinkel-Objektive. Der weite Blinkwinkel erfaßt nach allen Seiten mehr als der normale.

Auge
Das menschliche Auge ist eine Kamera im Kleinen. Die Augenlinse entspricht dem Objektiv, die Netzhaut der lichtempfindlichen Schicht. Die Wölbung der Augenlinse ist jedoch variabel, d. h. durch stärkere oder schwächere Wölbung ändert das Auge jeweils seine Brennweite (Naheinstellung= stärkere Wölbung = kürzere Brennweite. Ferneinstellung = schwächere Wölbung = längere Brennweite). Auch die Lichtempfindlichkeit des Auges ist variabel, erstens durch die Pupille, die etwa einer Blende entspricht, ferner durch die Adaption des Augennerven. Infolgedessen kann das Auge einen weitaus größeren Helligkeitsumfang erfassen als beispielsweise die fotografische Schicht. Fotografische Bilder sind also hinsichtlich ihres Helligkeitsumfangs stets nur Analogien zur Wirklichkeit (Ausführliches hierüber S. 126).
Das Öffnungsverhältnis des Auges kann in dunkelen Räumen 1:2 betragen. Der Blindwinkel des Auges ist minimal, seine Kleinheit wird durch die Änderung der Blickrichtung ausgeglichen. Auch eine "Gelbscheibe" besitzt das Auge, den sog. "gelben Fleck", der sich in der empfindlichsten Stelle der Netzhaut befindet.
*) Globus-Putzpomenade, Fr. Schulz jr., chem. Fabrik, Leipzig.

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