Spezial-Objektive
Kurze Brennweite (kürzer als normal): ringsum viel auf dem Bilde, da großer Bildwinkel, Darstellungsmaßstab klein = Weitwinkelobjektive·.
Lange Brennweite (länger als normal: ringsum weniger auf dem Bilde, kleiner Bildwinkel, Darstellungsmaßstab groß.
Will man sehr groß darstellen, so bekäme man gleichzeitig einen riesenhaften Auszug. Um das zu vermeiden, hat man sog. Tele-Objektive konstruiert. Sie bestehen aus einem normalen Objektiv, hinter das eine Zerstreuungslinse geschaltet worden ist. Die Zerstreuungslinse zieht das vom Objektiv erfaßte Bild noch etwas auseinander und bewirkt dadurch vergrößerte Darstellung ohne allzulangen Kamera-Auszug. Als Bildwinkel gilt dann der Winkel, den das Objektiv ohne Zerstreuungslinse erfaßt.

Das Einstellen eines Objektivs.
Bildweite - Gegenstandsweite
Wie ein Fernrohr oder einen Feldstecher kann man ein Objektiv auf bestimmte Entfernungen scharf einstellen. Da das Einstellen einer Kamera schließlich das A und O aller Fotografie ist, müssen wir hierauf etwas näher eingehen.

Einstellung   wie   bei
   
   
Fernsichten        

Das Objektiv ist auf seine Brennweite (auf Unendlich) eingestellt. Diese Einstellung auf Brennweite zeichnet nur die Ferne scharf, von einem gewissen Punkt an geht die Schärfe kilometerweit hinaus (man nennt ihn den Unendlichkeitspunkt D).

Einstellung wie bei figürlichen Szenen
   
   
usw.        

Das Objektiv ist auf ein näheres Objekt eingestellt. Dann heißt die Entfernung Objektiv - Mattscheibe (Platte, Film) Bildweite. Bei Naheinstellung wird auch der Darstellungsmaßstab größer.


* ) Bildwinkel 80 bis über 1000

 

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Einstellung wie bei Porträts usw.

Die Bildweite wächst, wenn auf noch nähere Entfernung eingestellt wird. Auch der Darstellungsmaßstab wächst.

Einstellung wie bei Aufnahmen in natürlicher Größe

Hat die Bildweite die Länge von 2mal Brennweite, so wird ein Gegenstand in natürlicher Größe dargestellt. Auch die Gegenstandsweite (Objektiv-Objekt) muß hierbei die Größe von 2mal Brennweite haben. Dieses Gesetz gilt für jede beliebige Brennweite.
Die Bildweite ist von großer praktischer Bedeutung. Je länger sie wird, desto mehr verschlechtert sich das Öffnungsverhältnis (S. 165). Ein einfaches Beispiel: durch ein Fenster von bestimmter Größe wird ein kleines Zimmer besser ausgeleuchtet als eine Kegelbahn. Der Kegelbahn entspricht der lange Auszug (die Bildweite) bei Naheinstellung. Der Lichtabfall bei Auszugsverlängerung wächst sofort rapid, nämlich im Quadrat. Deshalb erfordert auch doppelter Auszug vierfache Verlängerung der Belichtungszeit. Schon bei Einstellung auf sehr nahe Objekte wird der Kamera-Auszug relativ lang (je länger die Brennweite, desto länger wird er faktisch und relativ zur Brennweite). Deshalb sollen Nahaufnahmen grundsätzlich etwas reichlicher belichtet werden. Die Belichtungszeit für sehr lange Auszüge berechnet man nach folgender Formel:
(Bildweite ) ²
(Brennweite ) mal Belichtungszeit.

Als Faustregel kann man sich merken:

Auszug (Bildweite) = 1 ½ x Brennweite = 2)fache Verlängerung
Auszug (Bildweite) = 1 ¾ x " = 3) der Belichtungszeit
Auszug (Bildweite) = 2 x " = 4)

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Seban Reiserer † Erntedankfest 24/36 mm F 5 cm Isopan FF

Einige Formeln
Die Beziehungen zwischen Brennweite, Bildweite und Gegenstandsweite sind durch die sog. "Linsenformel" festgelegt. Sie lautet:

1
 
1
 
1
Gegenstandsweite + Bildweite = Brennweite

Je nachdem, welche der drei Größen ermittelt werden soll, ergeben sich dann (wenn die beiden anderen Größen bekannt sind) folgende Rechnungen:

 

 

 

Auch den Abbildungsmaßstab kann man, sofern Bildweite und Gegenstandsweite bekannt sind, folgendermaßen errechnen:

Bildweite
Gegenstandsweite


Auf Grund der Mattscheiben-Kontrolle ergibt sich der Abbildungsmaßstab natürlich viel schneller, indem man Abbildungsgröße und Gegenstandsgröße zu einander in Beziehung setzt.

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Lichtstärke - relative Öffnung - wirksame Öffnung
Lichtstärke und relative Öffnung (auch "Öffnungsverhältnis") sind im Sprachgebrauch identische Begriffe. Sie besagen, daß sich Objektivdurchmesser und Brennweite in dem und dem Verhältnis zu einander befinden. Der Durchmesser des Objektivs allein sagt nichts über die Lichtstärke aus. Um unser Beispiel von vorhin wieder heranzuziehen: man muß wissen, ob ein Fenster von bestimmter Größe ein kleines Zimmer oder eine Kegelbahn ausleuchten soll. Entscheidend ist also die Entfernung der Rückwand. Die Rückwand ist aber in unserem Fall die Mattscheibe (Platte, Film). Und diese Entfernung wird durch die Brennweite bestimmt. Also muß man den Durchmesser des Objektivs zur Brennweite in Beziehung bringen, um die Lichtstärke zu erfahren (daher ja auch relative Öffnung, Öffnungsverhältnis). Wenn ein Objektiv die relative Öffnung 1 : 4 hat, so besagt das, daß sich der Objektiv-Durchmesser zur Brennweite verhält wie 1 : 4.



 

Ganz korrekt ist das nicht, denn nicht den freien Objektivdurchmesser setzt man in Beziehung zur Brennweite, sondern die sog. wirksame Öffnung. Zwar genügt es in der Praxis, den freien Durchmesser zu benützen, denn die wirksame Öffnung ist stets nur um eine Kleinigkeit größer. Aber auch sie kann stets leicht ermittelt werden: steht auf einem Objektiv z. B. 1 : 4,5 F = 10 cm, so ergibt sich die wirksame Öffnung aus dem Divisionsexempel 10 _ 4,5. Die wirksame Öffnung beträgt in diesem Falle 2,2 cm.
Man kann die wirksame Öffnung auch experimentell ermitteln: man stellt die Kamera im Zimmer auf, die geöffnete Rückwand in Richtung auf ein Fenster. An die Objektivfassung drückt man eine Mattscheibe. Der helle Kreis, der sich auf der Mattscheibe abbildet, ist die wirksame Öffnung.
Niemals miteinander zu verwechseln sind also. relative Öffnung (= Öffnungsverhältnis = Lichtstärke), freie Öffnung (= Durchmesser der Objektiv-Öffnung in cm) und wirksame Öffnung; (= Brennweite : Lichtstärkenzahl).

Komplizierter Fall bei einer Nah-Aufnahme
Jemand will einen kleinen Gegenstand mit der 9/12-Kamera recht groß aufnehmen. Dann sagt er sich: wenn ich meine Brennweite durch eine Vorsatzlinse verkürze, werte ich den Auszug meiner Kamera am besten aus, er wird dann (relativ zu der verkürzten Brennweite) lang. Denn jede, auch die kürzeste Brennweite, folgt dem Gesetz von S. 163, daß ein Auszug von der Länge zweier Brennweiten Darstellung in natürlicher Größe ergibt (über Darstellung in mehr als natürlicher Größe s. S. 177). Das ist übrigends der Grund, weshalb man die kleindarstellenden kurzen Brennweiten für großdarstellende Nahaufnahmen verwendet, - sie sparen Auszugslänge.

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Rechnerisch liegt dieser Fall aber nicht so einfach. Es ist nicht ganz unkompliziert und zum mindesten langwierig, die Belichtungszeit umzurechnen auf Grund folgender drei Tatsachen: erstens, da DIE VERKÜRZENDE Vorsatzlinse zunächst einmal das ursprüngliche Öffnungsverhältnis des Objektivs verändert hat (in diesem Fall verbessert), zweitens, daß die neue verkürzte Brennweite mit sehr langem Auszug (sehr großer Bildweite) verwendet wird. (Diese Rechnung allein wäre zwar nach S. 163 leicht.) Aber es kommt drittens noch die Blendung zum Zwecke der Tiefenschärfe hinzu. Darüber hinaus muß man viertens meist feststellen, daß man nun eigentlich nicht weiß, welcher Blendenzahl die zur Aufnahme gewählte Blende entspricht, denn die auf dem Objektiv eingravierten Blenden stimmen natürlich für die verkürzte Brennweite nicht.
Das alles läßt sich, wie gesagt, ausrechnen. Aber man durchschneidet diesen Knoten mit einem Schlage, wenn man folgendermaßen verfährt:
Man führt das ganz schlichte Rechenexempel


Auszuglänge
wirksame Öffnung durch.


Es ist das gleiche Exempel, mit dem bei jedem Objektiv das Öffnungsverhältnis (die Lichtstärke für Unendlich-Auszug) schon vom Fabrikanten ermittelt wird.
Wie man die wirksame Öffnung experimentell ermittelt, wurde weiter oben auf S. 165 gesagt. Dann stellt sich auch dieser komplizierte Fall sehr einfach dar. Nehmen wir an, der Auszug (die Bildweite) wäre 25 cm lang und das stark geblendete Objektiv hätte eine wirksame Öffnung von 0,5 cm, so hätte man damit eine relative Öffnung eine Blende von

Zur Not und ohne einen entscheidenden Rechenfehler zu begehen, könnte man auch den freien Durchmesser des Objektivs als Divisor nehmen, indem man ihn ein wenig reichlicher einsetzt.
Über einen kleinen Einstelltrick bei der Aufnahme lebender, sehr kleiner Objekte siehe unter ABC Seite 218.

Seite 166

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Der Lichtverlust im Objektiv
Zwar ist es allgemein Sprachgebrauch, aber nicht ganz korrekt, wenn man relative Öffnung und Lichtstärke identisch setzt. Kein Objektiv hat die Lichtstärke, die es theoretisch haben müßte. Je höher nämlich die Anzahl der Linsen, aus denen das Objektiv besteht, desto größer der Lichtverlust durch Absorption im Glase und durch Reflexion auf den spiegelnden Flächen. Aus Untersuchen von A. Klughardt seien folgende Beispiele genannt.

Typ Zahl der Linsen Zahl der spiegelnden Flächen Lichtverlust in Prozenten
Meniskus
1
2
9 %
Periskop
2
4
20 %
Tessar 1 : 4,5
4
6
30 %
Tessar 1 : 3,5
4
6
33 %
Tessar 1 : 2,7
4
6
35 %
Ernostar 1 : 2
6
8
48 %

Man sieht, daß im allgemeinen mit der Zahl der Linsen der Lichtverlust wächst, und daß man sich dann um so weiter von der theoretischen Lichtstärke entfernt. Die praktische Konsequenz, die man aus diesen Tatsachen ziehen muß, kann lediglich die sein, daß man den bei 3,5 und 4,5 vorliegenden Lichtverlust als normal und unabänderlich betrachtet, sich aber sagt, daß viellinsige lichtstarke Objektive einen zusätzlichen Lichtverlust zeigen, der dann schon recht erheblich ist. Eine besondere Rolle spielt neben der Anzahl der Linsen die Menge der gegen Luft stehenden spiegelnden Flächen. Will man den ungefähren Lichtverlust eines bestimmten Objektivs wissen, so informiert man sich über seine Konstruktion und kann dann mit Hilfe der obigen Tabelle annähernd auf den Lichtverlust schließen.

Wie rechnet man Blenden um?
Belichtungsmesser und -tabellen erübrigen das Rechnen. Es kann aber geschehen, daß man schnell einmal eine Rechnung im Kopf vornehmen muß. Das ist mit Hilfe einer Faustregel sehr einfach. Man verfährt stets so:


Große Blendenzahl
kleine Blendenzahl


Das Ergebnis mit sich selbst multipliziert (ins Quadrat erhoben) ergibt dann den Faktor für die Verlängerung oder Verkürzung der Belichtungszeit. Ein Beispiel: man will von der Blende 3,5 auf die kleine Blende 18 übergehen und wissen, um das wievielfache dies die Belichtungszeit verlängert. Dann große Zahl durch kleine, in diesem Fall 18 : 3,5 =rd. 5. Diese 5 mit sich selbst multipliziert = 25. Für Blende 18 ist also 25mal so lange zu belichten wie für Blende 3,5. Geht man umgekehrt von der kleinen Blende auf die große über, also etwa von 18 auf 3,5, so bleibt die Rechnung die gleiche. Nur daß in diesem Fall die Belichtungszeit den 25. Teil der für Blende 18 beträgt.
Bei dieser Gelegenheit sei noch erwähnt, daß die genaue Folge der deutschen Blendenreihe die ist:

18 - 12,5 - 6,3 - 4,5 - 3,2 - 2,2 - 1,6. Dann erfordert jede größere Öffnung die halbe Belichtungszeit der vorhergehenden. Nach dem internationalen Blendensystem (Zeiss) heißt die Folge: 16 - 11 - 8 - 5,6 - 4 - 2,8 - 2 - 1,4.

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