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Sirui R-3213X Reporter X Carbonstativ

2018 © Thomas Gade

Immer mehr Fotografen und Naturbeobachter setzen Carbonstative ein. Ein bedeutender Hersteller für Carbonstative ist Sirui. Das Unternehmen wurde 2001 in China gegründet und vertreibt seit 2011 seine Produkte auch in Deutschland. Zum Sortiment von Sirui gehört das Carbonstativ Sirui R-3213X.


Mamiya 645 Mittelformatkamera auf Sirui R-3213X Carbonstativ und Sirui VH-10 Stativkopf
Bei diesem Aufbau verzichtet man auf die Mittelsäule, die mehr als zusätzliche Option für kleine Traglasten und geringe Hebelwirkungen zu betrachten ist.

Holz, Alu oder Carbon?

Für eine Fotozeitschrift verglich ich drei Stative aus unterschiedlichen Materialien. Eines von Berlebach mit Holzbeinen, ein Linhof aus Aluminium sowie ein Carbonstativ von Sirui. Sie gehören zur Oberklasse und erfüllen hohe Ansprüche. Alle drei gehören jeweils hoch modularen Systemen an, welche die Anpassung der Stative an verschiedene Verwendungszwecke ermöglichen.

Das Carbonstativ von Sirui sticht in dem Trio durch sein geringes Gewicht und kleines Packmaß hervor. Das sind Vorteile, die besonders Naturfotografen auf ihren Exkursionen schätzen.


Holz, Carbon oder Alu? Drei Spitzenstative: Berlebach Report 342, Sirui R-3213X und Linhof 3333.

Lieferumfang

Das Sirui R-3213X Reporter X Stativ wird in einer robusten gepolsterten Tasche geliefert, die relativ klein wirkt, aber sogar Platz enthält für einen Stativkopf. Die Stativbeine bestehen jeweils aus drei teleskopartigen ausziehbaren Röhren. Sie sind aus einem zehnlagigen Carbonlamitat gefertigt, das leicht und gleichzeitig extrem stabil ist.

Im Lieferumfang befinden sich drei austauschbare Aufsätze für das Stativ. Dazu gehören die 75mm Adapterhalbschale R2X-75A, die Mittelsäule RX-402C und eine einfache Montageplatte mit 3/8" Gewinde. Eine Nivelliertabelle in der Stativschulter erleichtert das Ausrichten. Die oberen Segmente der teleskopartig ausziehbaren Beine sind mit einem feinporigen Schaumstoff ummantelt. Die Gummifüße lassen sich gegen Spikes aus Edelstahl austauschen, um je nach Boden einen sicheren Stand zu gewährleisten.

Technische Daten

Hersteller SIRUI
Bezeichnung Sirui R-3213X Reporter X
Typ Dreibeinstativ aus Carbon
Maximale Belastbarkeit laut Hersteller 22 kg
Stativkopfschraube 3/8" Gewinde
Höhe ohne Kopf 11,5 - 141 cm (179 cm mit Mittelsäule)
Packmaß 61 cm
Gewicht 1,8 kg
Preis 600 € (Januar 2018)
Garantie 6 Jahre

Maximale Belastbarkeit

Der Hersteller gibt als maximale Belastbarkeit 22 kg an. In der Praxis ist sie variabel und abhängig von der Auszugslänge der Beine, ihrem Spreizwinkel sowie der aufgesattelten Last, die kompakt und in Balance über den Mittelpunkt des Stativs sein kann oder durch eine lange Kombination aus Objektiv und Kamera ihren Schwerpunkt nicht optimal über dem Stativ hat und zudem durch ihre Länge beträchtliche Hebelwirkungen ausübt.

Aber welche Fotoausrüstung wiegt heutzutage 22 kg? Verwendet man dieses Stativ als Träger für ein hochwertiges Spektiv in der Naturbeobachtung mit einer daran montierten Kamera, beträgt die Last mit einem guten Stativkopf 3-4 kg. Eine große DSLR mit einem lichtstarken 600 mm Teleobjektiv sowie einem dafür geeigneten Stativkopf wiegt ca. 7 kg. Das ist bereits eine beträchtliche Belastung und eine wesentlich höhere sollte man keinem der drei oben genannten Stative zumuten. Mitsamt einem stabilen Stativkopf sehe ich sinnvollerweise höchstens 5 kg auf diesem Stativ.

Wer eine große und schwere Großformatkamera für Planfilme verwendet, wird zu Stativen in einer höheren Gewichtsklasse greifen, doch sind das rare Ausnahmen, die sicherlich nicht im primären Fokus des Sirui R-3213X stehen.


Sirui R-3213X mit umgedrehter Mittelsäule. Die Kamera kann bis zum Boden abgesenkt werden.


Bodennahe Nahaufnahme von einem Schneeglöckchen

Standfestigkeit

Die Standfestigkeit des Sirui R-3213X ist ausgezeichnet, wenn durch den richtigen Einsatz der Gummifüße oder Edelstahl-Spikes eine hohe Rutschfestigkeit auf verschiedenen Böden erreicht wird. Das Stativ hat keine Mittelspinne, die ein Auseinanderdriften der Beine verhindert, wenn diese auf glitschigen Böden stehen. Wir testeten dies auf einem Steg aus Holzbohlen, die an der Oberseite durch den Regen und aufgenommene Feuchtigkeit rutschig waren. Die Gummifüße boten hier keinen ausreichenden Halt, während die Spikes die Beine sicher in Position hielten. Manchmal gibt es jedoch Böden, bei denen keine der beiden Lösungen ideal ist und für solche Fälle wäre eine Mittelspinne ideal, die ein unbeabsichtigtes Auseinanderspreizen der Stativbeine verhindert. Man kann sie aber auch leicht aus festen Nylongurten von Taschen oder Kameragurten selber herstellen.

Beim Vergleich mit den anderen beiden Stativen fiel auf, dass sich das leichte Sirui R-3213X Dreibeinstativ aus Carbon durch sein geringeres Gewicht und relativ großen Gummifüße deutlich sanfter auf den Boden stellen lässt. Es stößt praktisch weniger hart auf und schont somit die darauf befindliche Fototechnik und möglicherweise auch die unter einem lebenden Nachbarn in einer Altbauwohnung durch eine geringere Geräuschentfaltung.


Gummifüße oder Spikes. Sie sind je nach Boden einzusetzen, um ein Verrutschen zu verhindern.


Ein Haken unterhalb des Stativs ermöglicht es, ein Gewicht daran zu hängen. Das kann ein Rucksack sein oder die Fototasche. Dadurch verlagert man den Schwerpunkt des gesamten Aufbaus nach unten und erhöht somit die Standfestigkeit beispielsweise bei Wind. Aber Wind kann ein frei hängendes Gewicht auch zum Schwingen bringen, das auf das Stativ übertragen wird. Daher steht die Fototasche auf dem Boden und wird mittels eines Spanngurts mit dem Haken am Stativ verbunden.

Test mit einem Teleskop

Ob ein Stativ leicht wackelt und wie lange es braucht, um Schwingungen zu dämpfen, lässt sich gut mit einem Teleskop feststellen. Gegenwärtig sind 80mm Refraktoren mit ED Optik sowohl zur Beobachtung der Natur (Flora und Fauna) als auch des nächtlichen Sternenhimmels beliebt. Sie sind ca. 50-60 cm lang und wiegen mit einer passenden Montierung (Stativkopf) und okularseitigem Zubehör rund 7 kg.  Für einen Test wird eine azimutale Montierung von Vixen mit einem William Zenithstar II 80mm ED Refraktor auf des Sirui R-3213X montiert. Diese Kombination ist nicht ideal, weil die Aufhängung des Teleskopes an der Montierung nicht über den Mittelpunkt des Stativs ist. Sie liegt ca. 15 cm daneben. Richtet man das Teleskop senkrecht nach oben, befindet sich sein Gewicht vollständig um diesen Abstand neben dem Mittelpunkt des Stativs. Das stellt eine beträchtliche Belastung dar und in der Astronomie werden deshalb auch recht robuste Stative verwendet.

Das Sirui R-3213X kommt mit diesem abenteuerlichen Aufbau noch gut zurecht, befindet sich aber an seiner Belastungsgrenze. Es empfiehlt sich, ein Gewicht an den Haken unterhalb der Stativplatte zu schrauben, also mittig zwischen den Stativbeinen. Beispielsweise eine Baumwolltasche mit einer 1,5 l Mineralwasserflasche. Dies verbessert die Standfestigkeit bei einer ungünstigen Gewichtsverteilung der Traglast. Anstatt der relativ schweren und hinsichtlich der Gewichtsverteilung nicht optimalen Montierung von Vixen gibt es Alternativen im Astrohandel, beispielsweise von Ayo oder Giro.

Mit diesem Teleskop kann man auf dem Sirui Carbonstativ noch bis 100x vergrößern. Nach einer Berührung des Stativs oder des Teleskops zum Scharfstellen dauert es etwas bis das Bild wieder ruhig ist. Es darf allerdings nicht sehr windig sein, damit das klappt und das Beobachten Spaß macht.

In der Naturbeobachtung durch 80mm Spektive (entspricht dem genannten Teleskop) werden Vergrößerungen zwischen 20 - 40 x angestrebt. Es geht auch mehr, aber nur mit Abstrichen bei der Brillanz und Helligkeit. Zudem flimmert die Luft oft zu stark, um höher zu vergrößern. Für diesen Vergrößerungsbereich mit einem guten Spektiv oder einem entsprechenden Refraktor aus der Astronomie ist das Sirui R-3213X hervorragend geeignet.


Grenzwertig. 80mm Refraktor als Teleskop mit schwerer Vixen Montierung auf dem Sirui R-3213X. Dieser Aufbau (7 kg) ist nur ohne Mittelsäule sicher tragbar, nicht nur wegen der seitlichen Aufhängung des Teleskops, die eine starke Belastung darstellt. Diese Traglast mitsamt der Hebelkräfte beim Anwenden, ist von dem Stativ gerade noch sicher zu stemmen, aber hart an der Grenze des Zumutbaren.


William Zenithstar II 80mm ED Refraktor als Spektiv auf einem Sirui VH-10 Kopf auf dem Sirui R-3213X Carbonstativ. Mit dem Sirui VH-10 liegt der Schwerpunkt des Teleskops über der Stativmitte. Daher kann so auch die Mittelsäule verwendet und ein Stück weit herausgezogen werden. Allerdings ist mein Vertrauen in ihre Bruchfestigkeit sowie in die Haltbarkeit ihre Klemmung bei der Traglast eher gering.

Fotografie von scheuen Tieren mit Tarnnetz


Sirui R-3213X mit Tarnnetz in der Naturfotografie. Ein Stativbein ist waagerecht nach oben geklappt und ruht am Ende in einer Astgabel. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, ein Tarnnetz darüber zu spannen. Die Mittelsäule steht Kopf und somit auch die Kamera.


Der Unterstand ist klein, reicht aber aus, um auf einem Hocker darunter zu sitzen. Man kann auch ein größeres Netz verwenden. Es wird mit Zeltheringen gespannt.

Tauglich für nassen Einsatz?

Stative dieser Art werden gerne für die Naturbeobachtung und -fotografie verwendet und somit auch Nässe ausgesetzt, sei es durch Tau an den Gräsern, durch Regen oder weil sie in Gewässer gestellt werden.

Carbon ist in dieser Hinsicht relativ anspruchslos. Das Komposit aus Kohlefasermatten und Kunstharz hat eine hohe Wasserfestigkeit, korrodiert nicht und nimmt kein Wasser auf.

Dieses Stativ hat am unteren Ende der Beine jeweils zwei kleine Löcher, die wohl zum Luftdruckausgleich beim Ein- und Ausschieben ineinander verschiebbaren Röhren vorhanden sind. Durch sie dringt Wasser, aber auch Sand in die Röhren. Nimmt man das Stativ wieder aus dem Wasser, fließt es durch diese Öffnungen wieder aus den Stativbeinen.

Nach einem Einsatz im Wasser oder auf schlammigen Grund können sich in den Stativbeinen und Gewinden Ablagerungen befinden, beispielsweise Sand oder Salz (Salzwasser). Die Stativbeine lassen sich leicht zerlegen, indem die Klemmringe ganz ab geschraubt werden. Anschließend kann man die jeweiligen Segmente herausziehen, um auch das Innere der Röhren mit einer Dusche und einem Trichter mit fließendem Wasser auszuspülen.

Es ist darauf zu achten, dass die Gewinde völlig sauber bleiben und sich vor allem dort kein Sandkorn einnistet. Es kann beträchtlichen Schaden anrichten. Bei einer gründlichen Reinigung empfiehlt es sich, die Gewinde mit einem ölgetränkten Lappen ab zu wischen oder mit etwas Silikonfett neu zu fetten. Es reichen geringe Mengen, um dieses richtig zu tun.


Siuri Carbonstativ im Wasser. Da sind selbst die Schwäne neugierig.

Bewertung

Das SIRUI R-3213X Dreibeinstativ Carbon ist ein exzellentes Dreibeinstativ. Es ist nicht billig, aber gut ausgestattet und 6 Jahre Garantie gewährt kein Hersteller, der von seinen Produkten nicht überzeugt ist. Es ist nicht nur für den mobilen Einsatz hervorragend, bei dem ein möglichst geringes Gewicht der Ausstattung angestrebt wird, sondern auch im Studio oder daheim. Moderne Fototechnik vermittelt durch integrierte Stabilisatoren und hohe Lichtempfindlichkeit oft den Eindruck, dass Stative überflüssig seien, während sie in der Praxis häufig eine deutliche Qualitätssteigerung bewirken. Die Entscheidung, ob man ein Stativ mitnimmt, oder Kompromisse in der Bildqualität akzeptiert, hängt nicht zuletzt auch vom Packmaß, dem Gewicht und Handhabung ab. Hier macht das SIRUI R-3213X eine gute Figur. Es ist unterwegs keine große Belastung und lässt sich rasch auf- und wieder abbauen.

Apropos Belastung. Der Hersteller übertreibt mit seiner Angabe zur max. Traglast. Die sehe ich bei etwa 5 kg inkl. Stativkopf. Das ist aber eine ganze Menge.

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